DYSIS-Studie

Risikopatienten: Blutfette sind meistens schlecht eingestellt

Heidelberg - 01.09.2010, 15:00 Uhr


Vier von fünf Hochrisikopatienten in Deutschland erreichen trotz Behandlung mit einem Statin bei mindestens einem Lipidparameter die Werte nicht, die nach den Leitlinien und Empfehlungen

Über 40% weisen mehr als eine Ziel- oder Normwertabweichung auf. Das zeigen die Ergebnisse der internationalen epidemiologischen Beobachtungsstudie DYSIS (Dyslipidemia International Survey). Diese Studie sollte ein realistisches Bild von der Qualität der Lipidtherapie bei mit Statinen behandelten Patienten in elf europäischen Ländern und Kanada liefern. Von den rund 22.000 dokumentierten Patienten stammten 4.282 aus Deutschland, davon waren fast 90% als Hochrisikopatienten einzustufen. Knapp 60% hatten bereits eine kardiovaskuläre Erkrankung, über 45% einen Typ-2-Diabetes. Die Mehrheit der Patienten erhielt eine Statindosis mittlerer Stärke, entsprechend 20 bis 40 mg Simvastatin.

Nur 21% der Patienten wiesen bei allen relevanten Lipidwerten  –  Gesamt-, LDL- und HDL-Cholesterin sowie Triglyceriden  –  normale Werte auf. Bei 8,5% der Patienten wichen alle drei Lipidfraktionen von den empfohlenen Werten ab, die die europäische Gesellschaft für Kardiologie in ihren Leitlinien empfiehlt. Der größte Teil der Patienten (58%) wies erhöhte LDL-Werte auf, davon hatten 57% zusätzlich erniedrigtes HDL-Cholesterin und/oder erhöhte Triglyceride.

Patienten mit Bluthochdruck oder Bewegungsmangel, Raucher und Frauen erreichen ihren Zielwert für LDL-Cholesterin besonders schlecht. Bessere Aussicht auf einen gesunden LDL-Cholesterinspiegel unter angemessener Therapie hatten Patienten mit koronarer Herzkrankheit, Diabetiker und Patienten in Facharztbehandlung sowie jene, die hohe Statindosen und/oder Ezetimib erhielten.

Die Ergebnisse der DYSIS-Studie zeigen die Lücke zwischen den Leitlinienempfehlungen und der klinischen Praxis: Der Bedarf an einem intensiveren und umfassenderen Lipidmanagement bei Hochrisikopatienten ist groß. Vor dem Hintergrund dieser neuen Resultate werden innovative, multidimensionale Therapiestrategien benötigt, die LDL-Cholesterin weiter senken, Triglyceride senken und HDL-Cholesterin erhöhen können. Mögliche Optionen wären die Ausreizung der Statintherapie, die Zugabe von Ezetimib zur weiteren LDL-Senkung oder die Zugabe von Nicotinsäure/Laropiprant zum Statin.

Quelle:

Gitt, A. K., et al.: Prevalence and overlap of different lipid abnormalities in statin-treated patients at high cardiovascular risk in clinical practice in Germany. Clin. Res. Cardiol. 2010, Online-Veröffentlichung: DOI 10/1007/s00392-010-0177-z.


Dr. Bettina Hellwig