Alzheimer-Demenz

Nervenzellen mit Chromosomen-Überschuss

Leipzig - 06.08.2010, 06:58 Uhr


Wissenschaftler des Paul-Flechsig-Instituts für Hirnforschung der Universität Leipzig haben Hinweise darauf gefunden, dass die degenerative Alzheimer-Krankheit Folge einer

So genannte hyperploide Neuronen sind dafür verantwortlich, dass bei Alzheimer-Patienten Hirnzellen in großer Zahl absterben. Die meisten Nervenzellen entstehen im frühen Kindesalter. Bei der Entwicklung von Stammzellen zu Neuronen gibt es einen Mechanismus, der solche "falschen Bausteine" absterben lässt. Bei den hyperploiden Neuronen sind - anders als in der gesunden Zelle - statt zweier Chromosomenpaare eine Vielzahl dieser genetischen Erbgutträger vorhanden: Manche tragen vier, andere sogar sechs Chromosomenpaare. Da es vielfältige Kombinationen solcher Zellen gebe, spricht man auch von einem Mosaik. Diese Mosaike sind auch im normal entwickelten, erwachsenen gesunden Gehirn vorhanden.

Nach Ansicht der Alzheimer-Experten des Paul-Flechsig-Instituts kann das menschliche System offenbar mit einer bestimmten Zahl hyperploider Zellen im Gehirn durchaus umgehen und sie tolerieren. Im Gehirn von Alzheimer-Patienten stellten die Forscher aber eine doppelt so hohe Anzahl fest. Wahrscheinlich wird damit eine Toleranzgrenze durchbrochen. Das Problem dabei ist, dass Hyperploidie ein irreversibler Prozess ist. Die betroffenen Zellen sterben auf jeden Fall ab, gerade so, als ob eine in der Hirnentwicklung nicht vorgenommene Regulierung nachgeholt wird.

Festgestellt haben dies die Hirnforscher bei der Untersuchung von Proben aus Hirnen von Menschen mit unterschiedlich starker Ausprägung der Alzheimer-Krankheit: Sind die hyperploiden Zellen im normalen Gehirn lediglich in begrenzter Zahl vorhanden, so steigt ihre Anzahl in der vorklinischen Phase der Erkrankung sowie in der Zeit, in der erst milde Auswirkungen feststellbar sind, deutlich an. Bei schwer an Alzheimer erkrankten Patienten dagegen sinkt die Zahl der hyperploiden Zellen wieder, ein deutlicher Hinweis darauf, dass sie abgestorben sind.

Quelle: Arendt, T. et al.: Am. J. Pathol. 2010;177:15-20


Dr. Bettina Hellwig