Neuer Gammelfleisch-Skandal

Verdorbenes Rindfleisch frisch verpackt im Handel

Stuttgart - 09.07.2010, 11:52 Uhr


Nach Recherchen des SWR-Magazins Odysso konnte in zahlreichen vakuumierten Rindfleischprodukten das Bakterium Clostridium estertheticum nachgewiesen werden. Der Skandal:

Auf Nachfrage von DAZ.online erklärten Prof. Theo Dingermann und Dr. Ilse Zündorf vom Institut für Pharmazeutische Biologie der Universität Frankfurt, dass Clostridium estertheticum zwar zur gleichen Gruppe zähle wie die gefürchteten Bakterien Clostridium tetani und Clostridium botulinum, jedoch eher den harmloseren Vertretern der Clostridien zuzuordnen sei. Für den Menschen sei dieser Erreger offensichtlich nicht gefährlich. Zudem rieche entsprechend kontaminiertes Fleisch so unangenehm, dass man von einem Verzehr schon freiwillig absehen wird, so Zündorf.

Ein Problem sei, dass man schlecht auf die Kontamination testen könne. In Vakuumverpackungen findet Clostridium estertheticum ideale Bedingungen zur Vermehrung, da die Sporen ein anaerobes Milieu zum Auskeimen und Wachsen benötigen, so Dingermann.  Darüber hinaus ist Clostridium estertheticum ein psychrophiles, also kälteliebendes Bakterium, das unter Kühlschranktemperaturen zwar relativ langsam, aber optimal wächst. Dabei bildet es Gase, die die Vakuumverpackungen anschwellen lassen. Will man es unter normalen mikrobiologischen Testbedingungen zum Beispiel bei 37 °C züchten, wird es wohl, so Zündorf, keinen Mucks machen. Inzwischen arbeite man an molekularbiologischen Tests, die z.B. das Gen für die 16S ribosomale RNA analysieren. Solche Testsysteme sind laut Dingermann jedoch noch nicht für den Routineeinsatz etabliert.

Das Bakterium soll seinen Weg von Brasilien ausgehend nach Deutschland gefunden  haben. Gelangen solche Bakterien in einen Betrieb, können sie sich nahezu ungehindert ausbreiten, da sie durch die gängigen Reinigungs- und Desinfektionsmittel nicht erfasst werden. Wie verbreitet Clostridium estertheticum inzwischen ist, lassen die Ergebnisse von Forschern um Prof. Manfred Gareis vom Bundesinstitut für Ernährung und Lebensmittel in Kulmbach erahnen. Sie haben hunderte von Proben untersucht und konnten den Keim in 88% der Fälle nachweisen.


Dr. Doris Uhl