Atmungskette

Nanomaschinen in den Zellkraftwerken

Freiburg/Frankfurt/M. - 09.07.2010, 11:10 Uhr


Wissenschaftler der Universität Freiburg und der Universität Frankfurt haben die Architektur des größten Proteinkomplexes der zellulären Atmungskette aufgeklärt. Sie entdeckten

Nach zehnjähriger Forschungsarbeit ist nun die röntgenkristallografische Strukturanalyse des riesigen und kompliziertesten Proteinkomplexes der mitochondrialen Atmungskette gelungen. Er besteht aus mehr als 40 verschiedenen Proteinen, markiert den Anfangspunkt der Zellatmung und wird deshalb auch als mitochondrialer Komplex I bezeichnet.

Ein detailliertes Verständnis der Funktion von Komplex I ist von besonderem medizinischem Interesse, da Fehlfunktionen mit einer Reihe von neurodegenerativen Erkrankungen wie Morbus Parkinson oder Morbus Alzheimer, aber auch dem biologischen Altern insgesamt, in Verbindung gebracht werden.

Der Energiestoffwechsel findet in den Kraftwerken der Zelle, den Mitochondrien, statt. Sie überführen die von außen in Form von Nahrung aufgenommene Energie in Adenosintriphosphat (ATP). Eine Kette von fünf molekularen Maschinen in der Mitochondrienmembran führt diese Energieumwandlung durch. Die zugrunde liegende Umsetzung entspricht einer Knallgasreaktion. Lässt man im Labor Wasserstoffgas und Sauerstoff miteinander reagieren, verpufft die in den Ausgangsstoffen enthaltene Energie explosionsartig in Form von Wärme. Bei der biologischen Oxidation durch die membrangebundenen Proteinkomplexe der Atmungskette wird die Energie dagegen kontrolliert in kleinen Paketen freigesetzt. Wie bei einer Brennstoffzelle wird sie in ein elektrisches Membranpotential umgewandelt, das letztendlich für die Synthese von ATP genutzt werden kann. Zusammengerechnet bilden die Oberflächen der Mitochondrien im menschlichen Körper eine Fläche von 14.000 Quadratmetern. Dort werden täglich etwa 65 Kilogramm ATP produziert.

Das jetzt vorgestellte Strukturmodell gibt Hinweise auf die Funktionsweise von Komplex I. Eine aus keinem anderen Protein bekannte Form eines molekularen "Transmissionsgestänges" scheint demnach für den Energietransfer innerhalb des Proteinkomplexes durch mechanische Kopplung im Nanomaßstab verantwortlich zu sein, etwa wie bei der Kraftübertragung durch eine Art Kuppelstange, wie sie die Räder einer Dampflok verbindet. Dieser neue nanomechanische Ansatz soll nun durch ergänzende funktionelle Studien und eine verfeinerte strukturelle Analyse weiter untersucht werden.

Quelle: Hunte, C., et al.: Online-Vorabveröffentlichung, Science, 1. Juli 2010, DOI: 10.1126/science.1191046.


Dr. Bettina Hellwig