Großhandelsvergütung

Pharma Privat: Das erträgliche Maß ist überschritten

Berlin - 05.07.2010, 11:48 Uhr


Die geplante Umstellung der Großhandelsvergütung trifft Großhandel und Apotheken ins Mark. Das mittelständische Großhandelsunternehmen Pharma Privat kritisiert, dass die Regelung weit über ein erträgliches Maß hinaus gehe und auch Rabatte an Apotheken für Produkte beanspruche, die gar nicht von den Kassen bezahlt werden.

Mit der neuen Großhandelshonorierung, die künftig wie die Apothekenvergütung aus einem festen und einen prozentualen Zuschlag bestehen soll, will die Regierungskoalition die gesetzliche Krankenversicherung um rund 340 Millionen Euro jährlich entlasten. Der Festzuschlag soll bei 60 Cent je Packung liegen, der prozentuale bei 1,7 Prozent des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers – gedeckelt bei 20,40 Euro. Rabattfähig soll nur noch der prozentuale Zuschlag sein. Damit werde dem Großhandel ein „gewisser Spielraum bei der Preisgestaltung gegenüber den Apotheken“ gewährleistet, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs. Insbesondere solle der prozentuale Zuschlag Funktionsrabatte, zum Beispiel für die Bestellung größerer Mengen, ermöglichen.

Bei den Großhändlern ist man entsetzt. Zwar wollten sie die Umstellung auf eine fixe und eine prozentuale Komponente – doch ihre Vorstellung von der Höhe der Zuschläge sahen anders aus. Der Beschluss treffe die Branche „wie ein Blitz aus heiterem Himmel“, sagt Hanns-Heinrich Kehr, Geschäftsführer von Pharma Privat. „Wir verlieren so die Möglichkeit, durch Funktionsrabatte rationelles Bestellverhalten von Apotheken zu honorieren. Es werden auch Funktionsrabatte aus Sortimentsteilen abgeschöpft, die abseits der Krankenkassenerstattung in unseren Häusern gehandelt werden“ sagt der selbständige Unternehmer.

Den Großhändlern werde die wirtschaftliche Basis entzogen, ihren erst vor einem knappen Jahr eingeführten öffentlichen Versorgungsauftrag zu erfüllen. Kehr: „Es kann doch nicht sein, dass wir ein  8.000 Euro teures Krebsmedikament, das in Kühlkette geliefert werden muss, für eine Brutto-Marge von 21 Euro statt bisher 72 Euro einkaufen, lagern, ausliefern und noch sechs Wochen vorfinanzieren sollen“. Schon die Kapitalkosten fräßen die Spanne mehr als auf – zugleich werde man aber von den Grossisten weiterhin eine Überwachung der Fälschungssicherheit und eine saubere Dokumentation der Retourenabwicklung erwarten.  

Bei Pharma Pirvat hofft man nun auf eine weitere Gelegenheit, Sachverstand in eine gesetzliche Neuregelung der Spanne mit einbringen zu können. „Von uns aus wird alles geschehen, damit die gute Versorgungsqualität durch Großhandel und Apotheke in Deutschland erhalten bleibt. Da sitzen wir mit unseren Apothekenkunden im selben Boot“, so Hanns-Heinrich Kehr. 


Kirsten Sucker-Sket


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