DAZ-Interview

„Ezetimib gehört in die Hände von Spezialisten!“

Stuttgart - 23.06.2010, 10:28 Uhr


Die in der Vergangenheit veröffentlichten Studien zu dem Cholesterinsenker Ezetimib (Ezetrol®, Inegy®) haben mehr Fragen als Antworten aufgeworfen. Im Gespräch mit der DAZ erklärt Prof. Dr. Heiner Berthold

Neuen Auftrieb hat die Diskussion um den Nutzen von Ezetimib durch eine vor Kurzem im European Heart Journal veröffentlichte Studie erhalten, in der unter dem Cholesterinsenker  eine Erhöhung proatherogener LDL-Subfraktionen beobachtet worden war (s. a. DAZ 42/2010 S. 35). Sie könnte eine Erklärung für Studienergebnisse bieten, nach denen mit Statinen behandelte Patienten nicht von einer zusätzlichen Ezetimib-Therapie profitieren.

Der Hersteller von Ezetimib, MSD Sharp § Dohme, spricht dagegen von einer völlig überzogenen Interpretation von Laborergebnissen auf ein klinisches Wirkprofil einer Substanz. Eine Atherogenität von Ezetimib sei angesichts der aktuellen Datenlage nicht belegt. Sie ist aber auch nicht widerlegt, so Prof. Heiner Berthold, Coautor der European-Heart-Journal-Studie im Gespräch mit der DAZ. Er sieht den Hersteller in der Pflicht, den Nachweis zu erbringen, dass Ezetimib antiatherogen wirkt und so patientenrelevante Endpunkte günstig beeinflusst. Dieser Nachweis, für den große Endpunktstudien notwendig sind, steht noch aus.

Die derzeitige Studienlage spricht nach Meinung von Berthold nicht für Ezetimib. Wenn mit einem Statin der Cholesterinspiegel nicht ausreichend zu senken ist, sollte zunächst eine Kombination mit Nicotinsäure versucht werden, so seine Empfehlung. Sollte damit kein zufriedenstellender Erfolg zu erzielen sein, könnten Ezetimib oder andere Lipidsenker in Betracht gezogen werden. In diesem Fall seien jedoch Lipidspezialisten gefragt. Für den Hausarzt sieht Berthold keinen Grund, Ezetimib zu verordnen, schon gar nicht, um Statine einzusparen.

 

Das vollständige Interview und die Stellungnahme von MSD Sharp & Dohme finden Sie in der aktuellen Ausgabe der Deutschen Apotheker Zeitung


Dr. Doris Uhl