Bakterielle Infektionen

Diese Spritzen machen krank

Berlin - 18.06.2010, 07:07 Uhr


Wie Bakterien ihre Virulenzfaktoren direkt in die Wirtszelle injizieren können, haben jetzt Max-Planck-Wissenschaftler aufgeklärt. Die neuen Erkenntnisse sind ein wichtiger Schritt für

Für eine erfolgreiche Infektion müssen Bakterien das Immunsystem ihres Wirts gezielt austricksen. Dazu produzieren sie Virulenzfaktoren und leiten diese über ein Transportsystem in der Bakterienmembran nach außen. Bei einigen Bakterien ist dieses Transportsystem wie eine Spritze gestaltet, mit der sie die Virulenzfaktoren direkt in die Wirtszelle injizieren können. Erstmals ist es jetzt Max-Planck-Wissenschaftlern in Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Materialforschung und -prüfung gelungen, grundlegende Mechanismen zu klären, nach denen dieses Transportsystem zusammengebaut wird.

Für eine erfolgreiche Infektion müssen Bakterien die Zellen ihres Wirts so manipulieren, dass ihr eigenes Überleben gewährleistet ist: Über ein Transportsystem in der Bakterienmembran schleusen sie gezielt Virulenzfaktoren in die Wirtszelle ein. Einige Bakterien, wie die Erreger von Bakterienruhr, Lebensmittelvergiftung, Typhus und Pest, haben dafür ein besonderes Transportsystem entwickelt, das als Typ-III-Sekretionssystem bezeichnet wird. Unter dem Elektronenmikroskop sieht dieses Sekretionssystem wie eine Spritze aus, wobei der Spritzenkörper in die Bakterienmembran eingebettet ist und die Nadel nach außen weist. Das Bakterium synthetisiert die dafür notwendigen Proteine in seinem Zellinneren, schleust sie durch die Spritze nach außen und setzt sie eines nach dem anderen auf die Spitze der wachsenden Nadel.

Die neuen Erkenntnisse zu diesem Mechanismus eröffnen einen Ansatzpunkt für die Entwicklung von Arzneimitteln, die zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Infektion wirken, indem sie bereits den Aufbau der Spritze und das Einschleusen von Virulenzfaktoren in die Wirtszelle verhindern. Dies wäre ein wesentlicher Vorteil gegenüber Antibiotika, die erst durch die Membran in das Zellinnere der Bakterien müssen, um ihre Wirkung zu entfalten. Auch das Problem der Entwicklung von Antibiotikaresistenzen könnte mit solchen Antiinfektiva umgangen werden.

Quelle: Poyraz, Ö., et al.: Nature Structural & Molecular Biology, 13. Juni 2010.


Dr. Bettina Hellwig