Tumorbiologie

Wie Stammzellen zu Krebszellen werden

Bielefeld - 24.05.2010, 06:55 Uhr


Bielefelder Zellbiologen haben einen molekularen Mechanismus entdeckt, der adulte Stammzellen zu Tumorzellen umwandeln kann. Sie machten die Entdeckung an neuralen Stammzellen

Solche neuralen Stammzellen können im Labor viele Monate vermehrt werden, ohne die Fähigkeit zu verlieren, in reife Zellen wie Neurone und Gliazellen, die beiden Zellarten im Gehirn, zu differenzieren. Zum Wachstum benötigen solche Stammzellen, im Gegensatz zu Tumorzellen, von außen hinzukommende proteinbasierte Wachstumsfaktoren, nämlich epidermal growth factor (EGF) und basischer Fibroblastenwachstumsfaktor (bFGF).

Die Bielefelder Wissenschaftler wiesen nach, dass sich nach einer längeren Kulturdauer (mehr als 50 Wachstumszyklen des "Umtopfens" der Zellen in Petrischalen) die Stammzellen in Richtung Tumorzellen verwandeln. Sie benötigen dann keine zusätzlichen Wachstumsfaktoren mehr. Im Gegensatz zu gewöhnlichen adulten Stammzellen stoppen sie auch nicht die Zellteilung nach Differenzierung. Die Zellen werden polyploid, das heißt sie haben 70 Chromosomen und damit mehr als die üblichen zwei Chromosomensätze. Die molekulare Analyse zeigte, dass eine dabei dauernde Aktivierung des NF-kappaB Signalweges vorliegt. Dabei handelt es sich um einen Gen-Schalter, der den Transformationsprozess in Gang setzt. Weiterhin wurde entdeckt, dass dabei auch das Protein vascular endithelial growth factor (VEGF) im Übermaß produziert wird. Die transformierten Zellen sind im Wachstum abhängig von VEGF. VEGF ist aber auch ein zentraler Wachstumsfaktor für Gehirntumore (Gliome).

Die Bielefelder Molekularbiologen konnten zeigen, dass die Produktion von VEGF unter der Kontrolle des erwähnten Faktors NF-kappaB steht. Für eine Transformation von neuralen Stammzellen ist die Aktivierung des NF-kappaB-Signalweges ausreichend. Dies kann für neue Therapien der Gliome genutzt werden, welche eine besonders aggressive Form der humanen Krebserkrankungen darstellen.

Quelle: Kaus, A., et al.: Stem Cells Dev. 2010, Online-Vorabpublikation vom 25.2.2010


Dr. Bettina Hellwig