Typ-2-Diabetes

SGLT-2-Inhibitioren

Stuttgart - 17.05.2010, 10:30 Uhr


Eine völlig neuartige Gruppe von Diabetesmedikamenten ahmt eine seltene genetische Störung nach: Dabei wird der Blutzucker über die Nieren ausgeschieden, ohne dass es zur Unterzuckerung

Beim gesunden Menschen verhindern unzählige kleine Pumpen in den Nierenkanälchen, dass der Blutzucker mit dem Harn ausgeschieden wird und dem Körper als wertvoller Rohstoff verloren geht. Bei Diabetikern ist der Rohstoff bekanntlich im Überfluss im Blut vorhanden, und die Hemmung einiger Pumpen mit der Bezeichnung SGLT-2 (sodium dependent glucose transporter-2) könnte den Blutzucker senken. Genau dies wird mit neuen Wirkstoffen erreicht, die derzeit in klinischen Studien an Patienten getestet werden.

Die neuen Wirkstoffe könnten Menschen mit Typ-2-Diabetes helfen, Insulin einzusparen. Bei den Studienteilnehmern konnte die Dosis halbiert werden. Ein weiterer Vorteil könnte darin bestehen, dass mit dem Zucker auch Kalorien über die Nieren ausgeschieden werden. Viele Menschen mit Typ-2-Diabetes sind übergewichtig, und einige Diabetesmedikamente steigern das Gewicht noch weiter. Unter der Behandlung mit den SGLT-2-Hemmern nahmen die Patienten bis zu zwei Kilo ab.

Vorbild der SGLT-2-Hemmer ist eine Abweichung von der physiologischen Norm. Beim so genannten Nierendiabetes kommt es infolge eines Defekts im SGLT-2 ebenfalls zu einem Verlust von Zucker über den Urin, ohne dass die Patienten erkranken. Ein zweiter Transporter, SGLT-1, sorgt dafür, dass genügend Zucker ins Blut transportiert wird. Eine Unterzuckerung, eine lebensgefährliche Komplikation der Diabetestherapie, wird so verhindert.

Initiale Studienergebnisse legen nahe, dass SGLT-2-Inhibitoren vermehrt Harnwegsinfekte und Genitalmykosen verursachen können. Wie ausgeprägt diese Probleme sein werden und ob sie anhand typischer Patienteneigenschaften vorhergesagt werden können, muss geprüft werden. In diesem Jahr sind noch einige neue Studienergebnisse zu erwarten, die das Verhältnis von Nutzen und Risiko besser abschätzen lassen werden.

Die neuen Wirkstoffe könnten übergewichtigen Menschen mit Typ-2-Diabetes nutzen, da mit dem Blutzucker auch Kalorien verloren gehen. Welchen Stellenwert diese Medikamente einnehmen werden und ob die Therapie langfristig sicher ist, lässt sich noch nicht absehen. Auf der 45. Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft vom 12. bis 15. Mai 2010 in Stuttgart diskutieren Wissenschaftler in mehreren Symposien über die neuen Arzneimittel.

Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Diabetes Gesellschaft, 10. Mai 2010.


Dr. Bettina Hellwig


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