Neu auf dem Markt

Immunstimulans Mifamurtid

23.04.2010, 06:55 Uhr


Mifamurtid, das jetzt in einer liposomalen Zubereitung unter dem Warenzeichen Mepact® auf den Markt kommt, ist ein synthetisches Derivat des Muramyldipeptids. Das Immunstimulans ist zur Behandlung des

Mepact® ist zur Behandlung nicht metastasierter, resezierbarer hochmaligner ("high-grade") Osteosarkome bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von zwei bis 30 Jahren im Anschluss an eine makroskopisch vollständige Tumorresektion indiziert und wird im Rahmen einer postoperativen Kombinationschemotherapie eingesetzt.

Muramyldipeptid ist der kleinste natürlich vorkommende immunstimulierende Bestandteil der Zellwand von Mycobacterium sp. Mifamurtid hat ähnliche immunstimulierende Eigenschaften wie das natürliche Muramyldipeptid, zusätzlich jedoch den Vorteil einer längeren Plasmahalbwertszeit.

Die Liposomen werden vivo nach intravenöser Infusion von Makrophagen aufgenommen. Mifamurtid bindet spezifisch an den NOD2-Rezeptor, der hauptsächlich auf Monozyten, dendritischen Zellen und Makrophagen vorkommt, und aktiviert diese Zellen. Als Folge bilden menschliche Makrophagen Zytokine, wie Tumornekrosefaktor (TNF), die Interleukin-1, 6, 8 und 12, sowie Adhäsionsmoleküle wie das Lymphozytenfunktions-assoziierte Antigen-1 (LFA-1) und das interzelluläre Adhäsionsmolekül- 1 (ICAM-1). In vitro töten mit Mifamurtid behandelte menschliche Monozyten allogene und autologe Tumorzellen (unter anderem von Melanomen, Ovarial-, Kolon- und Nierenzellkarzinomen) ab, ohne toxisch auf andere Zellen zu wirken. In Tierversuchen konnte Mifamurtid das Wachstum zahlreicher Tumorzellarten hemmen, unter anderem von Lungenmetastasen, Haut- und Lebertumoren sowie Fibrosarkomen. Der Wirkungsmechanismus, über den die Aktivierung von Monozyten und Makrophagen zur tumorhemmenden Wirkung von Mifamurtid bei Menschen und Versuchstieren führt, ist nicht bekannt.

Die Zulassung erfolgte aufgrund der Ergebnisse einer Phase-III-Studie, mit rund 800 Teilnehmern die bislang größte Studie an Osteosarkom-Patienten, die Mifamurtid zusätzlich zu einer adjuvanten Chemotherapie mit drei oder vier Wirkstoffen (Cisplatin, Doxorubicin und Methotrexat mit oder ohne Ifosfamid) erhielten. Die Erweiterung der Chemotherapie um Mifamurtid führte zu einer Senkung des Sterberisikos um rund 30%. Das Gesamtüberleben verbesserte sich im Beobachtungszeitraum von sechs Jahren bei den mit Mifamurtid behandelten Patienten von 70 auf 78%.

Die häufigsten Nebenwirkungen waren Anämie, Anorexie, Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Tachykardie, hoher Blutdruck, niedriger Blutdruck, Kurzatmigkeit, beschleunigte Atmung, Husten, Erbrechen, Durchfall, Verstopfung, Bauchschmerzen, Übelkeit, verstärktes Schwitzen, Myalgien, Arthralgien, Rückenschmerzen, Schmerz in den Extremitäten, Fieber, Schüttelfrost, Müdigkeit, Hypothermie, Schmerzen, Unwohlsein, Schwäche und Brustschmerzen.

Hoch dosierte nichtsteroidale Antirheumatika hemmen die Wirkung von Mifamurtid auf die Makrophagen und dürfen nicht gemeinsam mit diesem eingesetzt werden. Eine längerfristige Anwendung von immunsupprimierenden Glucocorticoiden hemmt die anregende Wirkung von Mifamurtid auf das Immunsystem und sollte vermieden werden. Lipophile Arzneistoffe, wie Doxorubicin, sollten zeitlich getrennt verabreicht werden. Mifamurtid zeigt keine Wechselwirkungen mit dem Cytochrom-P450-Enzymsystem und interagiert nicht mit Cisplatin, Ifosfamid und hochdosiertem Methotrexat.

2004 erhielt Mifamurtid in Europa den Orphan-drug-Status. Damit ist nach europäischem Pharmarecht der Anspruch verknüpft, für einen Zeitraum von zehn Jahren das Medikament für die Zulassungsindikation exklusiv vermarkten zu dürfen.

Quelle: Fachinformation von Mepact, Stand März 2010.


Dr. Bettina Hellwig