Multiple Sklerose

Dendritische Zellen im Ungleichgewicht

München - 19.04.2010, 07:06 Uhr


Münchener Forscher haben zwei neue Subtypen dendritischer Zellen entdeckt, die möglicherweise an der gestörten Immunregulation bei Patienten mit Multipler Sklerose beteiligt sind.

Dendritische Zellen spielen in der Immunabwehr des Körpers eine Schlüsselrolle. Stoßen sie zum Beispiel auf Viren, dann aktivieren sie T-Zellen, die helfen, infizierte Zellen zu beseitigen. Bei Multipler Sklerose (MS) sind T-Zellen unabhängig von einer Infektion aktiv und greifen das zentrale Nervensystem an.

Bisher ist wenig darüber bekannt, welche Rolle so genannte plasmazytoide dendritische Zellen, eine Subpopulation dendritischer Zellen, bei Autoimmunerkrankungen wie Multipler Sklerose spielen. Jetzt wurde dieser Zelltypus bei gesunden Menschen und Patienten mit Multipler Sklerose verglichen. Dabei fanden die Wissenschaftler heraus, dass mindestens zwei Formen dieser Zellen existieren. Sie unterscheiden sich durch bestimmte Zelloberflächenmarker, ihre Reaktionen auf Immunstimulation oder ihre Fähigkeit, T-Zellen für bestimmte Antigene zu sensibilisieren.

Die Forscher bezeichneten die beiden Varianten zunächst als Typ I und II. Bei gesunden Menschen sind sie im Verhältnis 4,4:1 verteilt. Sie wirken sich jeweils unterschiedlich auf die T-Zell-Aktivierung aus - entweder in Richtung entzündungsfördernd oder -hemmend oder regulierend. Bei einer Infektion erzeugen dendritische Zellen des ersten Subtyps T-Zellen, die übersteigende Entzündungsprozesse verhindern (regulatorische Zellen), während Typ II jene aktiviert, die entzündungsfördernd wirken (Th17 Zellen).

Bei MS-Patienten hingegen sind die beiden Formen umgekehrt verteilt: Variante zwei dominiert die erste. Als Folge wird ein Überschuss an entzündungsfördernden T-Zellen erzeugt. Diese Fehlverteilung findet sich nur bei Multipler Sklerose und nicht bei anderen Autoimmunerkrankungen, wie Myasthenia gravis. Die Forscher schließen daraus, dass dieses Ungleichgewicht spezifisch für Multiple Sklerose sein muss und kein generelles Problem bei Autoimmunerkrankungen darstellt. Ob das Missverhältnis bereits auftritt, bevor die Krankheit entsteht oder erst während ihres Verlaufs, ist noch unklar. Unter Behandlung mit Interferonen erholt sich der Anteil dendritischer Zellen des ersten Typs, und das richtige Verhältnis zwischen beiden Formen wird wieder hergestellt.

Quelle: Schwab, N., et al.: J. Immunol. 2010, Online-Veröffentlichung am 31. März 2010, doi:10.4049/jimmunol.0903662.


Dr. Bettina Hellwig