Antithrombotika

Neuer Wirkstoff aus der Raubwanze

Würzburg - 27.03.2010, 07:05 Uhr


Für die Raubwanze Triatoma infestans ist es überlebenswichtig, dass das Blut nicht gerinnt, während sie es ihrem Wirt abzapft. Das erreicht sie mit Hilfe eines Proteins im Mitteldarm

Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall sind das größte Gesundheitsproblem in westlichen Gesellschaften. Eine der häufigsten Ursachen sind arterielle Thromboembolien. Alle bisher zur Blutverdünnung eingesetzten Wirkstoffe haben ein erhöhtes Blutungsrisiko als Nebenwirkung.

Der Blutgerinnungsfaktor XII könnte ein wichtiger Ansatzpunkt zur Entwicklung neuer Mittel sein. Schaltet man in einer Maus das Gen für die Produktion des Proteins Faktor XII, auch Hageman-Faktor genannt, aus, kann man in den Gefäßen dieser Tiere unter Laborbedingungen keinen Thrombus mehr erzeugen.

Die Firma CSL Behring aus Marburg entwickelte einen Hemmstoff gegen das Protein. Dabei nahm sie sich die Natur zum Vorbild - in diesem Fall die kleine Wanze Triatoma infestans. Diese ist beim Blutsaugen darauf angewiesen, dass das Blut nicht gerinnt. Die Wissenschaftler der Firma CSL Behring kombinierten das aus dem Mitteldarm der Wanze gewonnene Protein Infestin-4 mit einem menschlichen Eiweiß. Heraus kam der neue Wirkstoff rHA-Infestin-4, der den Faktor XII hemmt.

Bei Mäusen ließ der neue Wirkstoff keinerlei Thrombusbildung mehr zu, beeinträchtigte aber auch die Blutstillung nicht. Deshalb könnte es sich bei rHA-Infestin-4 um einen Meilenstein in der Behandlung von Herzinfarkt und Schlaganfall handeln. Die Ergebnisse werden am 22. März 2010 in der Online-Veröffentlichung der renommierten Fachzeitschrift "Circulation" beschrieben. Nach Abschluss der Untersuchungen am Rudolf-Virchow-Zentrum in Würzburg steht dem Hemmstoff rHA-Infestin-4 nun als nächster Schritt die Untersuchung in einer klinischen Studie bevor.

Quelle: Online-Vorabpublikation, DOI: 10.1161/CIRCULATIONAHA.109.924761


Dr. Bettina Hellwig