Anthropologie

Neuer Urmensch entdeckt

26.03.2010, 11:05 Uhr


Im asiatischen Altai-Gebirge wurde der Knochensplitter eines prähistorischen Menschen gefunden, der weder zur Spezies Homo sapiens noch zur Spezies Homo neanderthalensis gehört

Bereits im Sommer 2008 hatten russische Forscher in der Denisova-Höhle den sieben Millimeter langen Splitter eines Fingerknochens entdeckt, der einem fünf- bis siebenjährigen Kind gehörte. Die Höhle liegt im Altai, einem Hochgebirge im Grenzbereich von Mittel- und Nordasien. Da die Höhle, wie Artefakte beweisen, vor 48.000 bis 30.000 Jahren von Neandertalern bewohnt wurde, lag die Vermutung nahe, dass auch der Knochen von ihnen stammt. Umso größer war die Überraschung, als Johannes Krause vom Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig die Mitochondrien-DNA (mtDNA) des Knochens analysierte: Es stellte sich heraus, dass sie sich sowohl von der mtDNA des Neandertalers als auch von der mtDNA des modernen Menschen ganz erheblich unterscheidet. Der Fund ist demnach einer anderen Menschenart zuzuordnen, die sich vor etwa 1 Million Jahren von „unserem Stammbaum“ getrennt hat.

Die Frage, ob es sich um einen nach Asien ausgewanderten Vertreter eines bereits bekannten afrikanischen Urmenschen oder um eine bisher noch unbekannte Menschenart handelt, lässt sich derzeit nicht beantworten, weil es mtDNA-Analysen von afrikanischen Menschen in diesem Zeitraum nicht gibt. Einstweilen erhielt der Mensch die Notnamen „Denisova-Mensch“ und „X-woman“. Die Paläogenetiker um Krause versuchen nun, das gesamte Genom im Zellkern von X-woman zu sequenzieren.

Quelle: Krause J. et al. Nature 2010;463:757-762; doi:10.1038/nature08976.


Dr. Wolfgang Caesar


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