Therapie von Blutgerinnungsstörungen

Hierauf sollte man achten

Frankfurt/Main - 12.03.2010, 16:38 Uhr


Arzneistoffe, die die Blutgerinnung oder Thromboyztenfunktion beeinflussen, sind in der modernen Medizin unverzichtbar. Um Nebenwirkungen zu minimieren und Interaktionen zu vermeiden, gilt es auf verschiedene Aspekte bei der Einnahme zu achten. Prof. Dr. Lutz Hein nannte auf der Interpharm wichtige Beratungshinweise.

Therapeutisch werden vor allem drei Gruppen von Thrombozytenaggregationshemmern eingesetzt: Acetylsalicylsäure (ASS, irreversibler Cox-1-Hemmer), Clopidogrel (irreversibler ADP-Rezeptor-Antagonist) sowie GPIIb/IIIa-Antagonisten. Die antithrombotische Wirkung von ASS kann durch nichtsteroidale Antiphlogistika aufgehoben werden, wenn diese unmittelbar vor Einnahme von ASS gegeben werden. Zwar hemmen auch NSAID die COX-1 in den Thrombozyten, aber dies erfolgt reversibel und ist damit vom Plasmaspiegel der NSAID abhängig. Für die Vermeidung von Thromboembolien bei KHK und Schlaganfall ist eine komplette und dauerhafte COX-1-Hemmung erforderlich, die nur durch ASS erreicht werden kann. Um dies zu gewährleisten, sollte ASS 100 mg zur Thromboseprophylaxe möglichst allein eingenommen werden oder wenigstens in ausreichendem Abstand (mindestens zwei Stunden) vor einem NSAID wie Ibuprofen.

Pharmaka, die die plasmatische Gerinnung hemmen, zeigen ein breites Spektrum unerwünschter Wirkungen und Interaktionen. Hein nannte hier vor allem die Cumarine, insbesondere Phenoprocoumon. Folgende Pharmaka und Mechanismen tragen zu einer gesteigerten Cumarin-Wirkung bei: eine verminderte enterale Vitamin-K-Bildung (Antibiotika) bzw. eine verminderte Vitamin-K-Resorption. Eine Abnahme der Cumarin-Wirkung ist zudem bei gleichzeitiger Vitamin-K-reicher Ernährung (Gemüse) sowie Induktion der CYP2C9- und CYP3A4-Enzyme (Rifampicin, Antiepileptika) zu erwarten. Hein wies darauf hin, dass die Patienten unter Markumar wann immer sich in der Medikation und in den Lebensumständen etwas ändert auf mögliche Interaktionen geprüft werden müssen. Es gilt, die Patienten häufig dazu anzuhalten, ihren INR zu bestimmen!

Auch die Wirkung von Clopidogrel, die vom Genotyp abhängig ist, kann durch andere Pharmaka beeinträchtigt werden. Hemmstoffe des Cytochrom CYP2C19 in der Leber können die Generierung des aktiven Clopidogrel-Metaboliten stark reduzieren, sodass nur eine minimale Rezeptor-Blockade erfolgt. Insbesondere für den Protonenpumpenhemmer Omeprazol konnte die klinische Bedeutung dieser Interaktion eindrücklich belegt werden: Herzinfarktpatienten, die nach einer Stentimplantation zusätzlich zur dualen Plättchenhemmung mit ASS und Clopidogrel auch Omeprazol einnehmen, haben ein deutlich höheres Risiko für einen Reinfarkt als Patienten ohne Protonenpumpenhemmer. Auch hier sollte über eine zeitlich separierte Einnahme nachgedacht werden, denn es wird diskutiert, dass das Cytochrom einige Stunden nach der Omeprazolgabe wieder „frisch“ genug sein könnte, Clopidogrel zu aktivieren und so die plättchenhemmende Wirkung gewährleistet werden kann.


Dr. Beatrice Rall