Teilchenbeschleuniger

Bundesverfassungsgericht glaubt nicht an den Weltuntergang

Karlsruhe - 12.03.2010, 10:53 Uhr


Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde einer Frau, die die geplanten Versuche des Teilchenbeschleunigers CERN bei Genf mit dem Risiko eines Weltuntergangs verbindet

Die Beschwerdeführerin hatte das Bundesverfassungsgericht angerufen, nachdem das Verwaltungsgericht Köln ihren Eilantrag abgelehnt hatte, die Bundesrepublik Deutschland zu verpflichten, gegen die geplanten Versuche des Teilchenbeschleunigers einzuschreiten. Die Bundesrepublik zählt zu den 20 Staaten, die dem CERN (Organisation Européenne pour la Recherche Nucléaire) angehören, das den 27 km langen Teilchenbeschleuniger betreibt.

In den geplanten Versuchen werden Zustände im Kosmos kurz nach dem Urknall simuliert. Gemäß der Urknalltheorie war die gesamte Masse des Kosmos anfangs in einem Teilchen zusammengefasst, das kleiner war als ein einziges Elektron. Nach dem Urknall entstanden kleinste Elementarteilchen, die teilweise schon in kernphysikalischen Experimenten nachgewiesen wurden, und erst danach Atome.

Die Beschwerdeführerin befürchtet, dass bei den geplanten Versuchen die aus der Astronomie bekannten Schwarzen Löcher entstehen, die sämtliche Materie in ihrem Einzugsbereich verschlucken. Kernphysiker halten dies jedoch für ausgeschlossen. Seinen aktuellen Beschluss begründet das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich mit dem aktuellen Stand der Naturwissenschaften.

Für die Darlegung der Möglichkeit eines Schadenseintritts – hier: des Weltuntergangs – genüge es nicht, sich „auf ein generelles Misstrauen gegenüber physikalischen Gesetzen“ zu stützen, denn „praktisch vernünftige Zweifel setzen wenigstens die Auseinandersetzung mit Gegenbeispielen, also Widerlegungsversuchen der jeweiligen Aussagen voraus.“ Andernfalls würde man es Beschwerdeführern ermöglichen, „beliebige Forschungsanliegen durch entsprechend projektspezifische Warnungen zu Fall zu bringen“.

Ein weiterer Kernsatz in der Pressemitteilung lautet: „Es ist nicht Sache der gerichtlichen Kontrolle, die der Exekutive zugewiesene Wertung wissenschaftlicher Streitfragen einschließlich der daraus folgenden Risikoabschätzung durch eine eigene Bewertung zu ersetzen.“

Quelle: Bundesverfassungsgericht, Pressemitteilung Nr. 14/2010 vom 9. März; www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg10-014.html.

  


Dr. Wolfgang Caesar