Knochenmarkkrebs

Multiples Myelom besser einschätzen

Heidelberg - 09.03.2010, 06:47 Uhr


Der Knochenmarkkrebs Multiples Myelom kann einen guten Verlauf nehmen. Heidelberger Wissenschaftler entwickeln jetzt Kriterien für die Risikobewertung. Ein wichtiger Hinweis auf die

Das Multiple Myelom ist eine Krebserkrankung, bei der sich bösartige, Antikörper produzierende Zellen des Immunsystems, die Plasmazellen, im Knochenmark vermehren. Dabei lassen sich zwei Formen unterscheiden: das symptomatische und das asymptomatische Multiple Myelom (sMM bzw. aMM). Rund 70 Prozent der Patienten leiden bei Erstdiagnose an der symptomatischen Form.

Bei der symptomatischen Krankheitsform kann es zum Abbau der Knochensubstanz mit der Folge von Schmerzen und Knochenbrüchen kommen; meist kommt es zu Beeinträchtigungen der Nierenfunktion sowie zu Blutarmut. Darüber hinaus weisen einige Betroffene erhöhte Konzentrationen an Calcium sowie bestimmter Proteine im Blut und Urin auf und erkranken aufgrund des geschwächten Immunsystems häufiger an Infektionen. Derzeitige Behandlungsoptionen sind Chemotherapie, der Einsatz neuer Wirkstoffe, die zelluläre Signalwege beeinflussen, sowie gegebenenfalls die Transplantation von Blutstammzellen.

Kein Handlungsbedarf ist dagegen nach dem gegenwärtigen Stand der Medizin beim asymptomatischen Multiplen Myelom gegeben, solange keine der oben genannten Anzeichen festzustellen sind. Aber auch beim aMM lassen sich vermehrt Produkte des Immunsystems im Blut nachweisen, und die entarteten Immunzellen wandern ebenso ins Knochenmark ein. Innerhalb von 15 Jahren gehen fast drei Viertel der asymptomatischen Erkrankungen in ein lebensbedrohliches Multiples Myelom über und werden therapiebedürftig. Das Fortschreiten der Krankheit kann dabei von Patient zu Patient sehr unterschiedlich sein.

In Zukunft können Risikopatienten wahrscheinlich präziser von Betroffenen mit mildem Krankheitsverlauf abgegrenzt werden: Durch das sehr empfindliche Verfahren der Magnetresonanztomografie (MRT) sind auch bereits bei aMM-Patienten kleine Tumorzell-Ansammlungen, fokale Läsionen, im Knochen und Knochenmark darstellbar. Patienten mit mehr als einer fokalen Läsion müssen mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem früheren Voranschreiten der Erkrankung rechnen. Auch die diffuse Anreicherung von entarteten Plasmazellen im Knochenmark ist offenbar mit einer schlechten Prognose verbunden.

Die Wissenschaftler hatten für diese Erkenntnisse eine Gruppe von 149 Patienten mit aMM auf Anzeichen von fokalen oder diffusen Knochenmarkläsionen untersucht und die Blutkonzentration an Aktivitätsparametern des Multiplen Myeloms bestimmt. Dabei wurden die Verläufe der Betroffenen teilweise mehr als fünf Jahre lang untersucht, um herauszufinden, wer innerhalb dieses Zeitraums ein symptomatisches Myelom entwickelte. Anschließend wurde geprüft, inwieweit sich der Krankheitsverlauf mit den untersuchten Parametern in Verbindung bringen lässt. Dabei setzten die Forscher die Ganzkörper-Magnetresonanztomografie ein. Damit lassen sich Knochenmarksveränderungen besser darstellen als mit anderen bildgebenden Verfahren wie Röntgen oder Computertomografie (CT). Die Ganzkörperaufnahmen erwiesen sich dabei als präziser als die alleinige Darstellung von Wirbelsäule und Becken: Jeder fünfte untersuchte Patient hatte auch außerhalb von Wirbelsäule und Becken fokale Läsionen, die bei einer partiellen MRT (Wirbelsäule plus Becken) übersehen worden wären. Damit sind die Ergebnisse der Ganzkörper-MRT eine wichtige Hilfe, um den Krankheitsverlauf der Patienten frühzeitig einschätzen zu können. Noch lässt sich aber nicht sagen, ob Risikopatienten bei einer frühzeitigen Diagnose von daraufhin eingeleiteten Behandlungsmaßnahmen profitieren und länger leben würden.

Quelle: Hillengaß, J., et al.: J. Clin. Oncol. 2010, Online-Vorabveröffentlichung am 22. Februar 2010, 10.1200/JCO.2009.25.5356


Dr. Bettina Hellwig