Streptomyces-Bakterien

Antibiotika schützen Bienenwölfe

Jena - 04.03.2010, 09:51 Uhr


Grabwespen der Gattung Philanthus, die so genannten Bienenwölfe, beherbergen nützliche Bakterien auf ihrem Kokon, die einen Schutz gegen schädliche Mikroorganismen garantieren

Sie konnten mit Hilfe bildgebender Massenspektrometrie in vivo zeigen, dass sich die Antibiotika konzentriert auf der Außenseite des Kokons befinden und diesen so effektiv gegen Infektionen schützen. Der Einsatz verschiedener Antibiotika wiederum verhindert Infektionen einer Vielzahl von pathogenen Mikroorganismen. Somit machen sich Bienenwölfe schon seit Millionen von Jahren ein Prinzip zu Nutze, das in der Humanmedizin als Kombinationsprophylaxe bekannt ist.

Viele Insekten verbringen einen Teil ihres Lebens im Erdboden und sind dabei dem Risiko einer Pilz- oder Bakterieninfektion ausgesetzt. Dies gilt auch für zahlreiche Grabwespenarten, die ihre Nester im Boden anlegen. Im Gegensatz zu Bienen, die Pollen und Nektar zur Aufzucht ihrer Larven nutzen, jagen Grabwespen Insekten als Nahrung für ihren Nachwuchs. Aufgrund der feuchtwarmen Bedingungen und der großen Menge an organischem Material im unterirdischen Nest sind sowohl die Nahrungsvorräte als auch die Grabwespenlarven selbst von Krankheitserregern bedroht; Schimmel- und Bakterienbefall stellen dabei eine besonders große Gefahr dar und können in vielen Fällen zum Tod der Larve führen.

Bei Bienenwölfen, also Grabwespen, die Bienen als Nahrungsmittel jagen, ist im Laufe der Evolution eine elegante Lösung für das Problem des Pilz- und Bakterienbefalls entstanden: Die Wespen sind eine spezifische Symbiose mit Bakterien der Gattung Streptomyces eingegangen. Weibliche Bienenwölfe züchten diese Bakterien in speziellen Drüsen ihrer Antennen und schmieren sie an die Decke ihrer Brutzellen. Die Bienenwolflarven wiederum nehmen die Bakterien auf, spinnen sie in die Seide ihres Kokons ein und erhöhen damit die Überlebenswahrscheinlichkeit der Larven. Bisher war allerdings unklar, wie dieser Schutz zustande kommt.

Die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts konnten nachweisen, dass die Symbionten neun verschiedene Antibiotika produzieren. Dabei wurden die Substanzen erstmals direkt auf dem Bienenwolfkokon, also in der natürlichen Umgebung, nachgewiesen. Die Antibiotika befinden sich hauptsächlich auf der Außenseite des Kokons. Durch die kombinierte Behandlung mit Streptochlorin und acht verschiedenen Piericidinen, wird ein sehr breites Spektrum an Mikroorganismen bekämpft, was mit den Einzelsubstanzen so nicht möglich wäre. Bienenwölfe haben also mit Hilfe ihrer Symbionten die Kombinationsprophylaxe, die aus der Humanmedizin bekannt ist, schon vor Millionen von Jahren entwickelt. Die Untersuchung der Substanzen, die dabei eine Rolle spielen, trägt nicht nur wesentlich zum Verständnis der Evolution solcher Symbiosen bei, sondern könnte auch zur Entdeckung neuer Wirkstoffe für die Humanmedizin führen.

Quelle: Kroiss, J., et al. Nature Chemical Biology, Online-Vorabpublikation, 2010, DOI 10.1038/nchembio.331.


Dr. Bettina Hellwig