Arzneimittel-Ausgaben

Wille: Rabattverträge ausdehnen

Berlin - 22.02.2010, 14:07 Uhr


Der Ökonom Prof. Eberhard Wille hält wenig von kurzfristigen Sparmaßnahmen im Arzneimittelsektor. Statt bei Zwangsrabatten, Apothekenabschlägen oder Preismoratorien anzusetzen, sollte den Kassen mehr Spielraum

Prof. Wille – bis Ende September letzten Jahres Vorsitzender des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen – sieht Deutschland bei den Arzneimittelausgaben zwar im europäischen Mittelfeld liegen, bei den Preisen gebe es dennoch "Spielraum nach unten", sagte er im Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Ausgabe vom 22. Februar).

Die aus den vergangenen Jahren bekannten Maßnahmen zur unmittelbaren Erzielung von Spareffekten hält Wille allerdings für eine "unbefriedigende Notlösung". Ein schneller Einsparerfolg lasse sich mit ordnungspolitisch konformen Mitteln nicht erreichen. Er selbst würde immer für Verhandlungslösungen plädieren, "auch wenn diese zeitintensiver ausfallen". So sollten Wille zufolge auch die Rabattverträge ausgedehnt werden: "Der Gesetzgeber sollte Kassen das Recht gewähren, eigene Arzneimittellisten aufzustellen. In deren Rahmen darf eine Auswahl jedoch nur dort stattfinden, wo es vergleichbare Arzneien für eine Therapie gibt. Um die Belieferung der Sortimente können sich Pharmahersteller bewerben". Die Argumente der rabattvertragskritischen Generikahersteller kann Wille nicht stützen. Die befürchteten Konzentrationsprozesse gebe es nicht nur in der Pharmaindustrie, sondern auch auf Kassenseite. Zudem liefen sie bereits seit Jahren ab und würden allenfalls verstärkt.

Was patentgeschützte Arzneimittel betrifft, ist für Wille ein abgestuftes Verfahren denkbar, "das sowohl den Interessen der Kassen entspricht, Geld zu sparen, als auch den Pharmastandort Deutschland nicht allzu stark beeinträchtigt". So könnte man Herstellern neuartiger Arzneimittel, die der bisherigen Standardtherapie vermutlich überlegen sind, erlauben, den Preis für die ersten zwei oder drei Jahre nach Ermessen festzulegen. "Die spätere Erstattung würde an die Ergebnisse einer Kosten-Nutzen-Bewertung gekoppelt", so Wille. Eine zusätzliche Restriktion würde es bedeuten, auch für diesen Übergangszeitraum einen Preis auszuhandeln.

Neben seinen Vorschlägen zur Preisgestaltung plädiert der Gesundheitsökonom auch für einen gezielteren Einsatz von Arzneimitteln. Für ein kostenbewussteres und effektiveres Verordnungsverhalten der Ärzte sei es etwa hilfreich, wenn sich die Mediziner untereinander in pharmakologischen Zirkeln austauschten und es Listen mit Empfehlungen für bestimmte Arzneimittel gebe.


Kirsten Sucker-Sket