Immunsystem

Wie Abwehrzellen in Lymphgefäße eindringen

Martinsried - 04.01.2010, 10:31 Uhr


Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Biochemie in Martinsried haben jetzt erstmals beobachtet, wie Abwehrzellen durch kleine Öffnungen in der Gefäßwand der Lymphgefäße schlüpfen

Die Untersuchungsobjekte von Michael Sixt, so genannte dendritische Zellen, gehören zur menschlichen Immunabwehr. Wie eine Art Polizei sitzen sie in Geweben wie der Haut und warten auf Eindringlinge. Trifft die dendritische Zelle auf einen solchen Feind, nimmt sie die Informationen über den Fremdling auf. Anschließend wandert sie in die Lymphgefäße und dann weiter zu den Lymphknoten, wo sie die Information anderen Immunzellen wie ein Fahndungsfoto präsentiert. Diese können dann mit der zielgerichteten Abwehr beginnen.

Die Lymphflüssigkeit fließt in doppelwandigen Lymphgefäßen. Die innere Wand wird dabei von einem löchrigen Mantel umgeben. Diese zwei Barrieren muss die dendritische Zelle auf ihrem Weg zu den Lymphknoten überwinden. Mit ihren Fortsätzen tastet sich die Immunzelle als erstes durch den löchrigen Außenmantel des Gefäßes. "Die Zelle schiebt einen Fuß in die Tür", beschreibt Michael Sixt das beginnende Einwandern. "Dann dehnt sie die Öffnung immer weiter aus und schiebt ihren Zellkörper nach und nach hindurch." Nach dem Übergang schließt sich die elastische Öffnung wieder.

Doch noch ist das Ziel nicht erreicht. Die dahinter liegende Gefäßwand ist mit Ventilen ausgestattet, die wie Falltüren funktionieren. Sobald die Zelle die Falltür weit genug aufdrückt, kann sie hindurch schlüpfen und so ins Innere des Gefäßes gelangen. Dort angekommen, lässt sich die dendritische Zelle zu ihrem Zielort, dem Lymphknoten, treiben. Weder Hilfsproteine noch chemische Substanzen sind notwendig, um die Gefäßwand zu durchdringen. "Es handelt sich um einen rein mechanischen Vorgang", so der Forscher.

Das neu gewonnene Wissen um die Wanderungen der dendritischen Zellen in die Lymphgefäße könnte auch bei der gezielten Tumorbekämpfung eine Rolle spielen. "Es ist wahrscheinlich", beschreibt Michael Sixt, "dass Tumorzellen ähnliche Mechanismen benutzen, wenn sie in Lymphgefäße eindringen, um schließlich im Lymphknoten Metastasen zu bilden."

Quelle: Sixt, M., H. Pflicke.: J. Exp. Med., Online-Vorabveröffentlichung am 7. Dezember 2009.


Dr. Bettina Hellwig