Immunabwehr

Bakterienkiller aus der Milz

02.01.2010, 07:05 Uhr


Bestimmte Abwehrzellen in der Milz scheinen im Immunsystem eine ungewöhnliche Doppelfunktion zu übernehmen: Einerseits fressen und verdauen sie Krankheitserreger - das ist die Rolle, für die sie "ausgebildet" sind. Andererseits - und das ist neu - sammeln sie gewissermaßen Bestandteile der Erreger.

Diese reichen sie an einen viel jüngeren Teil der Immunabwehr weiter und informieren ihn so darüber, von welcher Seite Gefahr droht. Forscher der Universität Bonn haben diesen Mechanismus zusammen mit Kollegen aus Amsterdam und Utrecht identifiziert.

Unser Immunsystem fährt zweigleisig. Schon sehr früh im Laufe der Evolution entwickelte sich die angeborene Immunabwehr. Sie ist von Geburt an voll funktionsfähig. Ihr wichtigster Bestandteil sind die Makrophagen. Wenn sie Krankheitserreger erkennen, stülpen sie sich über sie und verdauen sie. Die erworbene (oder auch adaptive) Immunabwehr entstand erst später mit den ersten Wirbeltieren. Diese Immunabwehr ist lernfähig: Sie läuft immer dann zur Höchstform auf, wenn sie zuvor schon einmal mit dem entsprechenden Bakterium oder Virus in Kontakt gekommen ist. Sie merkt sich gewissermaßen die Erreger und kann sie dann bei einer erneuten Infektion sofort unschädlich machen, was als Immunität bezeichnet wird.

Bislang dachte man, dass beide Teile des Immunsystems weitgehend getrennt voneinander agieren. Das scheint aber nicht ganz zu stimmen. Die Milz fungiert unter anderem als Filter: Das Blut, das durch unseren Körper kreist, wird dort regelmäßig gereinigt. Dazu sickert es durch die Wände der Milzarterien in die schwammartige rote Pulpa und wird dann von den Milzvenen wieder aufgenommen. Dabei übernimmt das Organ auch eine wichtige Immunfunktion. Denn im äußersten Bereich der Milzarterien sitzen massenhaft Fresszellen. Sie erkennen Viren oder Bakterien und verdauen sie.

Doch sie können noch mehr: Die Makrophagen der Milz geben Bruchstücke der Erreger, die Antigene, an das adaptive Immunsystem weiter. An diesen Antigenen erkennen die körpereigenen Abwehrtruppen, worauf sie Jagd machen sollen. Als "Scharfmacher“ dienen dabei die so genannten dendritischen Zellen. Sie zeigen den zellulären Spürhunden die Antigene. Um diese präsentieren zu können, müssen sie sie sich aber zunächst einmal einverleiben. Und das können Makrophagen viel besser. Zumindest in der Milz dienen Makrophagen den dendritischen Zellen daher quasi als "Ersatzmagen“: Wenn sie einen Krankheitserreger gefressen haben, reichen sie seine Antigene an die dendritischen Zellen weiter. Und diese schalten dann das adaptive Immunsystem gegen die Erreger scharf. Die Forscher wollen diesen Mechanismus nun nutzen, um die Immunantwort gegen bestimmte Viren oder auch Tumore zu verbessern.

Quelle: Proc. Natl. Acad. Sci. 2009; Online-Vorabpublikation, DOI:10.1073/pnas.0909541107.


Dr. Bettina Hellwig