Wachstumsbeschleunigungsgesetz

Bundesrat stimmt Milliarden-Steuerentlastungen zu

Berlin - 18.12.2009, 12:23 Uhr


Bürger und Unternehmen werden von Januar an um weitere 8,5 Milliarden Euro steuerlich entlastet. Der Bundesrat stimmte am

Union und FDP erhoffen sich von dem mit Schulden finanzierten Steuerpaket Konjunkturimpulse gegen die Krise. Experten bezweifeln dies. Vom ersten wichtigen Gesetzesvorhaben der Koalition profitieren vor allem Familien, aber auch Firmen, Erben sowie Hotels. Zusammen mit den von der Vorgängerregierung beschlossenen Steuersenkungen summieren sich die Entlastungen auf jährlich rund 21 Milliarden Euro.

Die nötige Bundesratsmehrheit war bis zuletzt offen. Insbesondere Schleswig-Holstein wehrte sich. Das hoch verschuldete Land beklagte zusätzliche Einnahmeausfälle durch das Steuerpaket und pochte auf Ausgleichszahlungen. Widerstand kam auch aus Sachsen. Union und FDP haben im Bundesrat nur eine knappe Mehrheit und waren auf die Zustimmung aller sieben schwarz-gelben Landesregierungen angewiesen.

Die Regierungschefs von Schleswig-Holstein und Sachsen, Peter Harry Carstensen und Stanislaw Tillich (beide CDU), begründeten ihre Zustimmung damit, dass es für die Steuerausfälle auch Entlastungen gebe. Der Bund sei den Ländern entgegengekommen. Carstensen: "Das Kämpfen und der Widerstand der letzten Tage hat sich gelohnt."

Nach Angaben von Tillich wurde eine Lösung gefunden, die mehr Handlungsspielraum ermöglicht und allen Ländern zugutekomme. "Wir haben uns nicht rauskaufen lassen." Hessens CDU-Ministerpräsident Roland Koch verwies auf Zusagen des Bundes, die Länder dauerhaft mit Milliardenbeträgen bei den Bildungsausgaben zu unterstützen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verteidigte das Gesetz. Das Ende der Krise könnte im kommenden Jahr erreicht sein. "Aber die Krise ist noch nicht überstanden." Eine Politik von weiter klug dosierten Wachstumsimpulsen, die rasch greifen, sei richtig.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) warf den CDU-Regierungschefs vor, nach "starken Auftritten im Fernsehen" eingeknickt zu sein. Mit Blick auf die Rekord-Schulden sagte er, der Staat könne nicht auf Einnahmen verzichten. Bund und Länder müssten die Schuldenbremse einhalten, "riesige" Beträge in Bildung investieren und zugleich drastische und dauerhafte Einnahmeverluste hinnehmen: "Das ist schlicht und einfach unmöglich." Mecklenburg- Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) nannte die Zusage des Bundes zu mehr Bildungsausgaben eine "dreiste Mogelpackung".

Warnende Worte kamen auch von Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU). Er sprach von "Sprengsätzen" und Belastungen für die Staatskassen. Er verwies darauf, dass durch Einnahmeausfälle nach Steuersenkungen an anderer Stelle Gebühren und Abgaben steigen und Bürger weniger in der Tasche haben dürften. Oettinger sagte zudem steigende Zinsen voraus, was Geld knapper und teurer mache.

Vom Steuerpaket - dem dritten Anti-Krisen-Paket - haben Familien den größten Nutzen. Sie werden jährlich um bis zu 4,6 Milliarden Euro entlastet. Der Kinderfreibetrag klettert von 6024 auf jährlich 7008 Euro. Nutznießer sind Besserverdiener. Zur Kompensation für untere und mittlere Einkommen steigt das monatliche Kindergeld um 20 Euro. Zudem werden Unternehmen und Erben entlastet. Besonders umstritten ist der von 19 auf 7 Prozent gesenkte Mehrwertsteuersatz für Hotel- Übernachtungen. Das kostet den Staat eine Milliarde Euro im Jahr.

Es wird erwartet, dass die ersten Entlastungen von Schwarz-Gelb nicht schon 2010 voll wirksam werden. Sie werden zunächst mit knapp 6,1 Milliarden veranschlagt. 2011 sollen sie auf mehr als 8,2 Milliarden klettern und in den Folgejahren nochmals steigen.

Die gesamten Steuersenkungen fallen noch größer aus. Schon Schwarz-Rot hatte Entlastungen von etwa 13 Milliarden Euro ab Januar beschlossen. Unter anderem können Arbeitnehmer Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung steuerlich stärker absetzen. Ab 2011 planen Union und FDP den nächsten Schritt: Mit einer Steuerreform soll es weitere Entlastungen von 20 Milliarden Euro im Jahr geben.  


Peter Ditzel /dpa