Gehirnentwicklung

Myosin ermöglicht Wanderung der Zellkerne

Dresden - 25.11.2009, 11:56 Uhr


Das Protein Myosin trägt dazu bei, dass sich Muskeln kontrahieren und ist auch für die Verschiebung des Kerns in Nervenstammzellen zuständig. Dies ermöglicht es dem Gehirn

Bei der Entwicklung des menschlichen Gehirns müssen sehr viele Zellen gebildet werden. Dazu teilen sich neuronale Stammzellen in einer Zone des Gehirns, der Ventrikularzone. Damit möglichst viele Stammzellen entstehen, muss der Zellkern der neu gebildeten neuronalen Stammzellen zunächst von der Oberfläche des Gewebes wegwandern, um Platz für weitere Zellteilungen zu schaffen. Dieser "Trick" reicht jedoch nicht für Gehirne von Säugetieren aus, und so ist in der Evolution eine zweite Zellschicht unterhalb der Ventrikularzone entstanden: die Subventrikularzone. Hier bilden die aus den Stammzellen hervorgegangenen neuronalen Vorläuferzellen die Nervenzellen der Gehirnrinde. Um die Kerne der Stamm- und Vorläuferzellen dorthin zu bewegen, nutzt die Evolution die Motorproteine Myosin und Aktin, die auch für die Muskelkontraktion benötigt werden.

Die Wissenschaftler manipulierten in einem Modell das Zytoskelett, ohne die Zellteilung zu beeinträchtigen. Sie kultivierten das Gehirngewebe eines Mausembryos im Reagenzglas so, dass die Entwicklung der Hirnrinde wie in der Gebärmutter ablief. Dann hemmten sie gezielt die Aktivität von Myosin, ohne dabei den Zellzyklus zu beeinflussen. Die Experimente zeigten, dass die Zellkerne nur bei ausreichender Aktivität des Motorproteins Myosin II in die richtige Richtung wanderten und eine erhöhte Zahl von Zellteilungen ermöglichten.

Myosin ist damit für beide Prozesse verantwortlich: für die Wanderung des Kerns neuronaler Stammzellen weg von der Gewebeoberfläche und für Wanderung des Kerns neuronaler Vorläuferzellen in die Subventrikularzone. Damit hängen zwei grundlegende Kennzeichen des Säugetier-ZNS von denselben zellbiologischen Prozessen ab: die Anordnung der Zellkerne wie in einem mehrschichtigen Epithel und die Ausbildung der Subventrikularzone, die für das Großhirn bei Säugetieren charakteristisch ist.

Quelle: Schenk, J. et al.: Natl. Acad. Sci. 2009; 106,: 16487-16492


Dr. Bettina Hellwig