Kosten-Nutzen-Bewertung

IQWiG legt Methodenpapier vor

Berlin - 19.10.2009, 14:49 Uhr


Die lang erwartete Kosten-Nutzen-Bewertung für Arzneimittel hat eine entscheidende Hürde genommen: Nach fast zwei Jahren Entwicklungsarbeit und vielen Diskussionen hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) am 19. Oktober seine Methoden vorgelegt,

„Die 'Analyse der Effizienzgrenze' ist die für die deutschen Rahmenbedingungen am besten geeignete Methode", erklärte IQWiG-Leiter Peter Sawicki. „Auch in den diversen Stellungnahmerunden hat niemand einen praktikableren Alternativvorschlag unterbreitet. Anders als einige Kritiker behaupten, machen wir auch nicht alles völlig anders als andere Länder. Unser Vorgehen unterscheidet sich deutlich von dem in Großbritannien, es gibt aber eine ganze Reihe von Parallelen zu Australien.“

Die vom IQWiG gewählte Methode soll insbesondere dem GKV-Spitzenverband ermöglichen, einen Höchstbetrag festzulegen, bis zu dem die Krankenkassen die Kosten für neue Arzneimittel übernehmen. Damit die Regelung nicht dazu führt, dass Patienten durch echte Therapieverbesserungen zusätzlich finanziell belastet werden, dürfen Höchstbeträge laut Gesetz nur unter zwei Bedingungen festgelegt werden: Die Arzneimittel müssen gegenüber anderen Therapien einen Zusatznutzen haben. Arzneimittel, zu denen es bislang keine zweckmäßige Alternative gibt, sind von der Bewertung ausgeschlossen.

Dazu hat das IQWiG ein zweistufiges Verfahren gewählt: Der erste Schritt ist die Analyse des medizinischen Nutzens eines Arzneimittels im Vergleich mit Therapiealternativen nach den Methoden der evidenzbasierten Medizin. Nur wenn dabei ein Zusatznutzen erkennbar ist, kann sich eine Kosten-Nutzen-Bewertung anschließen. In diesem zweiten Schritt werden die Kosten ermittelt und die wesentlichen Nutzen- und Kostenaspekte einander gegenüber gestellt. Aus den Verhältnissen zwischen Kosten und Nutzen werden sodann grafisch darstellbare Effizienzgrenzen abgeleitet, mit denen effiziente Interventionen erkannt werden können, so das IQWiG in einer Pressemitteilung.

Auf Basis der Effizienzgrenze gibt das Institut eine Empfehlung ab, welcher Betrag für ein Arzneimittel angemessen ist. Für die Festlegung des konkreten Höchstbetrags ist jedoch der GKV-Spitzenverband zuständig. Dabei muss er neben der IQWiG-Empfehlung auch Entwicklungskosten der Hersteller berücksichtigen. Darüber hinaus kann er auch weitere Aspekte wie etwa die Schwere oder Häufigkeit der Erkrankung einbeziehen.

Auch wenn der Preis für eine neue Gesundheitstechnologie „angemessen“ sein sollte, heiße das nicht, dass er für die Versichertengemeinschaft bezahlbar und damit zumutbar ist, so das IQWiG. Deshalb werde in einer sogenannten Ausgaben-Einfluss-Analyse (Budget-Impact-Analyse) auch eine Schätzung darüber abgeben, welche Auswirkungen ein bestimmter Höchstbetrag auf die Gesamtausgaben der Versichertengemeinschaft haben kann. Dabei sollen die Kosten in der Regel aus der Perspektive der Versichertengemeinschaft beschrieben werden. Je nach Thema können jedoch auch andere Kosten wie etwa für die Pflege aus Sicht der Sozialversicherungsträger oder Produktivitätsverluste aus der Sicht der Gesellschaft eingeschlossen werden.

Sawicki räumt nach zwei Jahren erhitzter Diskussionen ein: „Die Diskussion unserer Methoden-Entwürfe hat viel Zeit gekostet“. Wenn man aber einen transparenten Prozess mit weitgehenden Anhörungs- und Beteiligungsmöglichkeiten von Industrie, Kassen, Ärzten, Kliniken, Patienten und der Politik selbst wolle, müsse man den Zeitaufwand in Kauf nehmen. Die Mühe hat sich aus Sicht des IQWiG-Leiters letztlich gelohnt: „Wir haben jetzt eine Methode, die sicherstellt, dass niemandem notwendige Leistungen vorenthalten werden. Das darf nicht sein – schon gar nicht, solange wir uns in der Medizin noch immer Dinge leisten, die nicht notwendig, sondern überflüssig sind.“

Der G-BA hat angekündigt, bald nach Fertigstellung des Papiers eine erste Kosten-Nutzen-Bewertung zu beauftragen.


Kirsten Sucker-Sket