Krebserkrankungen

Die Immunsuppression des Tumors aushebeln

Berlin/Konstanz - 24.09.2009, 06:00 Uhr


Das Immunsystem kann Tumorzellen erkennen und diese dann gezielt zerstören. Die Tumoren können diese Immunattacke jedoch in vielen Fällen unterdrücken. Durch einen neuen Ansatz kann die tumorbedingte Immunsuppression aufgehoben und damit die Wirksamkeit gezielter Immuntherapien erhöht werden.

Um den Angriff des körpereigenen Immunsystems abzuwehren, sezernieren Tumoren immunsuppressive Moleküle, die die Immunantwort dämpfen und Zellen anlocken, die ihrerseits ebenfalls immunsuppressiv wirken. Sie heißen regulatorische T-Zellen (Treg-Zellen) und haben normalerweise die Funktion, Immunreaktionen gegen körpereigenes Gewebe zu unterbinden, die sonst zu Autoimmunerkrankungen führen würden. Zusammen mit den Treg-Zellen erschweren die von den Tumoren gebildeten immunsuppressiven Moleküle es dem Immunsystem, den wachsenden Tumor anzugreifen. In der Folge kommt es zu unkontrolliertem Wachstum und Krebserkrankung.

Normalerweise wird eine Krebserkrankung durch Chirurgie, Chemotherapie, Strahlentherapie oder einer Kombination davon behandelt. Alle diese Therapieformen sind nicht immer ausreichend wirksam und haben ernstzunehmende Nebenwirkungen. Alternative Ansätze basieren auf der gezielten Stimulation des Immunsystems, um den Tumor auszuschalten und einen Rückfall zu vermeiden.

Unter diesem Aspekt wurden bereits zahlreiche biologische Therapien entwickelt. Einige davon haben die Aktivierung dendritischer Zellen zum Ziel. Diese besonderen Zellen des Immunsystems sind in der Lage (Tumor-)Antigene so zu präsentieren, dass die T-Lymphozyten zur Abtötung der Tumorzellen befähigt werden. Weitere immuntherapeutische Ansätze sind Zelltherapien, bei denen T-Lymphozyten oder dendritische Zellen zunächst in Kultur vermehrt und dann dem Patienten reinfundiert werden.

Nur wenige dieser Ansätze haben sich als wirksam gegenüber einzelnen Tumorarten erwiesen. So ist zum Beispiel die Substanz Imiquimod, ein so genannter TLR(Toll-like receptor)-Agonist, ein bekannter Aktivator dendritischer Zellen. Die Substanz wird bereits klinisch genutzt, um Basalzellkarzinome topisch zu behandeln. Weitere TLR-Agonisten befinden sich in der klinischen Prüfung als Adjuvans für Krebsimpfungen, allerdings mit teilweise enttäuschenden Ergebnissen.

Ein Problem der TLR-Agonisten besteht darin, dass sie sowohl immunsuppressive als auch entzündliche Immunantworten anstoßen können, so dass sie die T-Zellen in verschiedene Richtungen - entweder tumoraggressiv oder immunsuppressiv - beeinflussen können. Diese Eigenschaft soll den Kollateralschaden während einer Infektion oder Entzündung begrenzen, schränkt aber die Fähigkeit der TLR-Agonisten ein, im immunsupprimierten Umfeld eines Tumors eine wirksame antitumorale T-Zell-Antwort auszulösen.

Mills und Mitarbeitern gelang es jedoch, die durch TLR-Agonisten ausgelöste Immunantwort so zu manipulieren, dass der immunsuppressive Arm gezielt ausgeschaltet wird. Die Wissenschaftler erreichten dies durch Manipulation der Signalwege innerhalb der dendritischen Zellen, durch die die Induktion der immunsuppressiv wirkenden von Treg-Zellen unterbunden wird. Damit wird der alternative Weg zu einer schützenden Immunantwort, die die Tumoren eliminiert, freigemacht. Dieser neue Ansatz war in Tumormodellen an der Maus bereits sehr erfolgreich und könnte auch beim Menschen immuntherapeutische Therapien gegen Krebs wirksam verstärken. Die neue Technologie wurde bereits an ein lokales Start-up-Unternehmen namens Opsona Therapeutics lizensiert, das nun zusammen mit Partnern aus der Pharmaindustrie den Weg in die klinische Entwicklung sucht.

EFIS (European Federation of Immunological Societies) ist der Dachverband der nationalen immunologischen Fachgesellschaften in Europa. Zu EFIS zählen 28 nationale Fachgesellschaften in 31 europäischen Ländern mit insgesamt 13.000 Mitgliedern. Gemeinsame Plattform ist der European Congress of Immunology, der all drei Jahre stattfindet - in diesem Jahr vom 13. bis 16. September in Berlin. Im Mittelpunkt stehen die Erkenntnisse zur angeborenen und erworbenen Immunität, die verschiedenen Aspekte immunologischer Erkrankungen sowie die neuesten Möglichkeiten von Immun-Interventionen.


Bettina Hellwig