Dienstwagen-Diebstahl

Ulla Schmidt: Fällt der Sommerurlaub ins Sommerloch?

Berlin - 27.07.2009, 11:11 Uhr


Nachdem ihr am Wochenende in Spanien die Dienstlimousine geklaut worden war, steht Gesundheitsministerin Ulla Schmidt in der Kritik. Während Opposition und CDU Aufklärung fordern, wittern andere Wahlkampf und Sommerloch.

Wie das Gesundheitsministerium am Samstag mitgeteilt hatte, waren unbekannte Diebe in die Unterkunft von Schmidts Fahrer im spanischen Alicante eingebrochen und hatten den Schlüssel des gepanzerten Mercedes der S-Klasse gestohlen. Bezüglich der Nutzung des Dienstwagens am Urlaubsort erklärte eine Sprecherin des Ministeriums am Sonntag in Berlin, dass Schmidt wie allen Mitgliedern des Bundeskabinetts ein personengebundener Dienstwagen für dienstliche und private Nutzung ständig zur Verfügung stehe. "Auch im diesjährigen Spanienurlaub hat sie den Dienstwagen mehrfach dienstlich und privat genutzt", so das Ministerium weiter, "bei privaten Fahrten wird das selbstverständlich gemäß den Bestimmungen auch privat abgerechnet." Die Ministerin werde alle Unterlagen offenlegen.

Schon kurz nach Bekanntwerden des Diebstahls hatte es sowohl vonseiten der Opposition als auch aus den Reihen von CDU/CSU Kritik gehagelt. Otto Fricke (FDP), der Vorsitzende des Bundestags-Haushaltsausschusses, forderte von Schmidt die zügige Aufklärung über die Nutzung des Wagens am Urlaubsort. "Ich möchte wissen, für welche Termine Frau Schmidt Dienstwagen und Fahrer in Alicante benötigt hat", zitiert der Berliner "Tagesspiegel" Fricke in seiner Montagsausgabe. "Ich hoffe, dass innerhalb der nächsten Woche ein Brief eingeht, der erklärt, wo die dienstliche Veranlassung war." Ansonsten müsse die Ministerin im Haushaltsausschuss Auskunft geben.

Der CDU-Haushaltspolitiker Georg Schirmbeck äußerte gegenüber der "Neuen Osnabrücker Zeitung" es sei eine "skandalöse Verschwendung von Steuergeldern, dass die SPD-Politikerin ihre Dienstlimousine plus Chauffeur quer durch Europa bis zu ihrem spanischen Urlaubsort geschickt hat". Bezüglich der Konsequenzen hieß es vonseiten Schirmbecks: : "Da die Amtszeit von Gesundheitsministerin Schmidt ohnehin abgelaufen ist, erübrigt sich die Forderung nach ihrem Rücktritt. Aber dass sie sich so einen dicken Klops leistet, zeigt: Sie ist die falsche Frau im Bundeskabinett." Auch die Haushaltsexpertin der Linken Gesine Lötzsch sieht keine Veranlassung für Schmidt, mit dem Dienstwagen in den Urlaub zu fahren und dem Fahrer dafür eine Fahrt von mehr als 2.000 Kilometern zuzumuten. Der Bund der Steuerzahler wollte der Ministerin ebenfalls einen Brief schreiben und Aufklärung darüber verlangen, warum ein Dienstwagen knapp 5.000 Kilometer durch Europa gebracht werden müsse: "Nur für den Fahrkomfort einer Ministerin dürfen keine Steuergelder verschwendet werden." Der Grünen-Haushaltspolitiker Alexander Bonde forderte Schmidt auf, einen Fehler einzugestehen und die Kosten aus eigener Tasche zu bezahlen.

Doch nicht nur in Politikerkreisen wurde gegen die Ministerin gewettert. So sprach der Präsident der Freien Ärzteschaft, Martin Grauduszus, von einer "Dienstwagenaffäre." Schmidts Argumentation sei "erst einmal unglaubwürdig," wenn sie nicht nachweisen könne, dass sie wichtige Termine für die Bundesrepublik Deutschland wahrzunehmen hatte, sei ein sofortiger Rücktritt unvermeidlich.

Neben der harschen Kritik werden zunehmend aber auch andere Stimmen laut. Auf die Frage nach dem Skandal am heutigen Montagmorgen in Berlin hörte man nur selten etwas vom "Skandal" dafür aber umso häufiger das Wort "Sommerloch." Mit einem Augenzwinkern kommentierte ein Mann im Anzug im berliner Regierungsviertel: "Das machen doch alle, sie hatte nur das Pech, dass es aufgefallen ist." Auch in einigen Zeitungen finden sich entsprechende Kommentare. So schreibt die Mitteldeutsche Zeitung: "Eigentlich ist das ja nur ein Mini-Skandal. Der Wahlkampf macht das Ganze allerdings prekär. Die Bluthunde geben brav Spurlaut: Skandal, Rückzahlung, Amtsmissbrauch und so weiter und so fort. Wie die meisten der Affären dieser Art dürfte auch diese aus einer Mischung aus Überheblichkeit, Ignoranz und Fahrlässigkeit entstanden sein. Ulla Schmidt hat ihrer SPD, die in eine tolle Wahlkampfwoche starten wollte, den Auftritt ganz übel vermasselt."


Tarja Wündrich