Staatsfinanzen und Wahlversprechen

Wirtschaftsweise Wolfgang Wiegard erwartet Steuererhöhungen

Traunstein - 22.06.2009, 12:27 Uhr


Apotheker, die auf eine Steuerentlastung nach den Bundestagswahlen hoffen, dürften enttäuscht werden - das glaubt zumindest der Wirtschaftsweise Wolfgang Wiegard.

Während wahlkämpfende Politiker das Wort Steuersenkungen gerne in den Raum stellen, könnte die Realität bald ganz anders aussehen. So erwartet Wolfgang Wiegard, Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, dass es nach der Bundestagswahl zu Steuererhöhungen kommen wird. 

Aufgrund der Schuldenbremse müsse, so Wiegard gegenüber dem Handelsblatt, die strukturelle Defizitquote beim Bund bis 2016 auf 0,35 Prozent des Bruttoinlandprodukts reduziert werden. Das gehe nur über Ausgabenkürzungen oder Steuererhöhungen oder beides. 

Das Kürzungspotenzial auf der Ausgabenseite sei begrenzt, jedoch wäre schon einiges gewonnen, wenn nicht immer weitere Ausgabenerhöhungen beschlossen oder diskutiert würden. Gerade in Wahlkampfzeiten seien höhere Staatsausgaben ein beliebtes Mittel, um Wähler zu ködern.  

Im Sinne einer wachstums- und beschäftigungsorientierten Steuerpolitik schlägt Wiegard vor, die Steuerbelastung von Eigenkapitalerträgen zu reduzieren. Hier bestehe Nachbesserungsbedarf bei der Unternehmensteuerreform. Eine Gegenfinanzierung über eine Umsatzsteuer wäre im Hinblick auf Wachstumseffekte am günstigsten. 

Unterstützung erhält er hierbei auch vom Vorsitzenden des wissenschaftlichen Beirats im Finanzministerium Clemens Fuest, der für den Fall eines strukturellen Defizits im Staatshaushalt zu einer Anhebung der Umsatzsteuer um bis zu zwei Punkte rät - mehr sei wohl weder durchsetzbar noch erforderlich.


Christine Ahlheim