Wettbewerb im Gesundheitswesen

Krankenkassen beweisen Phantasie

Berlin - 19.06.2009, 12:55 Uhr


Die Gesundheitsbranche hält die Wettbewerbszentrale in Bad Homburg beständig auf Trab. Kassen, Apotheker, Ärzte und Industrie loten ihre Grenzen immer wieder neu aus.

Insgesamt bewegt sich die Anzahl der im Gesundheitswesen verfolgten Beanstandungen auf einem ähnlich hohen Niveau wie im Vorjahr, berichtete Köber anlässlich des jährlichen Pressegesprächs der Wettbewerbszentrale. Umtriebiger erwiesen als sonst erwiesen sich die Kassen. Seit der Beitragssatz für sie kein Marketinginstrument mehr ist, werben einige von ihnen bei Wechselwilligen mit Test- oder Schnuppermitgliedschaften. Doch anders als mit der Werbung suggeriert, könne der Verbraucher nach einer Testphase nicht wieder in seine alte Kasse zurückkehren, betonte Köber. In einem anderen Fall warnte eine Betriebskrankenkasse ihre Versicherten vor einem übereilten Kassenwechsel mit dem Argument, dass man 18 Monate an diese Kasse gebunden sei, wenn diese Zusatzbeiträge verlangt. Dabei verschwieg sie, dass in genau diesen Fällen der Gesetzgeber ein Sonderkündigungsrecht vorgesehen hat.

Die Beanstandungen im Apothekenbereich beziehen sich mittlerweile weniger auf Formalverstöße und klassisch irreführende Werbung. "Wir sehen aber zahlreiche Versuche, geltende Vorschriften durch besondere Vertriebskonstruktionen zu umgehen", sagt Köber. Während deutsche Apotheker beim Verkauf rezeptpflichtiger Arzneimittel an feste Preise gebunden sind, berufen sich ausländische Versandapotheken bekanntermaßen gerne darauf, dass diese Regelungen für sie nicht gelten - noch ist nicht höchstrichterlich entschieden, ob zu Recht. Um der ausländischen Konkurrenz im Wettbewerb nicht nachzustehen, versuchen deutsche Apotheken beispielsweise, durch Gründung einer Scheinapotheke im benachbarten Ausland die Preisbindungsregelungen zu umgehen. So führte die Wettbewerbszentrale etwa Prozesse gegen eine Apothekerfamilie, die mehrere Apotheken im Raum Burscheid und parallel dazu eine holländische Versandapotheke betreibt. Durch die Kooperation versprachen sie ihren deutschen Kunden holländische Preisvorteile bei gleichzeitger Beratung vor Ort.

Köber berichtete zudem von einem Prozess, den die Wettbewerbszentrale gegen ein Pharmaunternehmen geführt hat. Auch hier stand die Umgehung arzneimittelrechtlicher Vorschriften im Vordergrund. Das Oberlandesgericht München verbot dem Unternehmen, Medikamente mit nur noch geringer Haltbarkeit an Apotheken zu "Schnäppchenpreisen" abzugeben. Denn nach den Regelungen im Arzneimittelrecht sollen Preisvorteile an die Kostenträger, also Verbraucher oder Krankenkassen weitergegeben werden, nicht aber dazu dienen, Apothekern höhere Gewinne zu verschaffen.


Kirsten Sucker-Sket