SPD-Regierungsprogramm

SPD hält an Bürgerversicherung fest

Berlin - 15.06.2009, 13:55 Uhr


Die SPD verfolgt im jetzt veröffentlichten "Regierungsprogramm" für die kommende Legislaturperiode gesundheitspolitisch ihre alte Linie: Eine Bürgerversicherung in einem bürgerorientierten Sozialstaat.

"Der Umbau der sozialen Sicherung hin zu Bürgersozialversicherungen ist unser Leitprinzip weit über eine Legislaturperiode hinaus", heißt es im SPD-Regierungsprogramm. Dies sei notwendig, da das bisherige System einer Gesellschaft des längeren Lebens und einer veränderten Arbeitsgesellschaft zum Teil nicht mehr gerecht werde. Am Ende des Prozesses wollen die Sozialdemokraten ein Sozialstaat stehen sehen, der alle Bürger bei der Absicherung von Gesundheit und Pflege und alle Erwerbstätigen bei der Alterssicherung und der Absicherung von Arbeitslosigkeit in die Solidarität einbezieht.

Erste wichtige Schritte in diese Richtung seien die Einführung der Krankenversicherungspflicht für alle, der neue morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) und der Einstieg in die Steuerfinanzierung gewesen. Diesen Weg will die SPD nun weitergehen. So sollen zur Finanzierung der Gesundheitsaufgaben künftig alle Einkommen herangezogen werden - Details hierzu spart das Programm allerdings aus. Zudem soll der Morbi-RSA weiterentwickelt und die private Krankenversicherung (PKV) in diesen einbezogen werden. Durchsetzen wollen die Sozialdemokraten zudem eine gänzlich paritätische Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung. Den bisherigen Sonderbeitrag von 0,9 Beitragssatzpunkten für die Versicherten wollen sie abschaffen. 

Damit angesichts der demografischen Entwicklung auch künftig alle Menschen am medizinischen Fortschritt teilhaben können, will die SPD dafür sorgen, dass das Geld der Beitragszahler genau dorthin fließt, wo es benötigt wird. "Nur der verantwortliche Umgang aller Akteure mit den zur Verfügung stehenden Mitteln sichert eine gute Zukunft unseres Gesundheitssystems", heißt es im SPD-Programm. Hieran sollen weitere Reformen - insbesondere auch der Institutionen - des Gesundheitswesens angeknüpft werden.

In der ärztlichen Versorgung will die SPD das Vertragsgeschehen weiter flexibilisieren. Kollektiv- und Einzelverträge sollen zusammen eine ausreichende flächendeckende Versorgung gewährleisten. Zudem setzt sich die Partei für eine einheitliche Gebührenordnung für die ambulante medizinische Versorgung ein. Die gleiche Bezahlung für Leistungen an privat und gesetzlich Versicherten soll für mehr Transparenz und Gerechtigkeit sorgen. Zudem sollen die Krankenhäuser weiter für die ambulante Versorgung geöffnet werden. Auch dabei soll für gleiche Leistungen - unabhängig davon, wo oder für wen sie erbracht werden - die gleiche Vergütung gezahlt werden.

Bei den Gesundheitsberufen sieht die SPD insgesamt Änderungsbedarf. So müssten ärztliche und nicht ärztliche medizinische Berufe stärker als bisher zusammenarbeiten, damit jeder im Gesundheitswesen seine Kompetenz optimal einbringen kann. "lache Hierarchien, Entlastung der Ärzte von bürokratischen Aufgaben durch spezialisierte Assistenzkräfte und mehr technologische Unterstützung, mehr Kompetenzen für pflegerische Berufe sind der Weg der Zukunft" heißt es im Programm. Wegen des demografischen Wandels müsse zudem für alle Gesundheitsberufe die Geriatrie und die Palliativversorgung ein Schwerpunkt in Ausbildung, Forschung und Arbeit werden.

Weiterhin haben sich die Sozialdemokraten den Ausbau der integrierten Versorgung auf die Fahne geschrieben. Alle Patienten müssten die Sicherheit haben, dass sämtliche an ihrer Behandlung Beteiligten verlässlich zusammenarbeiten und abgestimmte Behandlungsstrategien verfolgen. Was die SPD im Bereich der Arzneimittel vorhat, bleibt im Regierungsprogramm vorerst unbeantwortet. Dort heißt es lediglich, dass die Kosten-Nutzen-Bewertung neuer Arzneimittel und Therapien sowie die patientenverständliche Information durch neutrale Institutionen ausgebaut werden müsse, um die Wirtschaftlichkeit des Gesundheitswesens zu stärken.

Auch die Verabschiedung eines Präventionsgesetzes - ein unerledigtes Vorhaben der Großen wie auch der rot-grünen Vorgänger-Koalition - steht auf der Agenda der SPD. Die Primärprävention soll hierdurch gestärkt und Gesundheitsziele als Handlungsrahmen definiert werden. Dabei sei bei den sozialen Lebenswelten (Stadtquartier, Arbeitsplatz, Schule etc.) anzusetzen. Bund, Länder und Kommunen, die Sozialversicherungsträger sowie die PKV müssten dabei in die Verantwortung bei der Finanzierung einbezogen werden. Auch für die Patientenrechte soll etwas getan werden. So sollen die bislang zersplitterten und undurchsichtigen Rechte der Patienten in einem Gesetz zusammengeführt werden.

Nicht unerwähnt bleibt, dass das Gesundheitswesen eine der beschäftigungsstärksten Branchen Deutschlands und ein Wachstumssektor ist: "Investitionen in Gesundheit sind Zukunftsinvestitionen", konstatiert die Partei in ihrem Regierungsprogramm.


Kirsten Sucker-Sket