Basistarif hat Bestand

Bundesverfassungsgericht weist PKV-Klage ab

Berlin - 10.06.2009, 13:55 Uhr


Die mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz beschlossenen Neujustierungen in der Privaten Krankenversicherung sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Den Gesetzgeber treffe lediglich eine Beobachtungspflicht, urteilte am Mittwoch das Bundesverfassungsgericht.

Seit dem 1. Januar 2009 gelten für die PKV neue gesetzliche Rahmenbedingungen. Zwar besteht das zweigliedrige Krankenversicherungssystem von GKV und PKV weiter fort, doch die privaten Kassen sind nun - ebenso wie die gesetzlichen ­- verpflichtet Nichtversicherte aufzunehmen. Bei der Aufnahme in den neuen Basistarif, dessen Leistungen am GKV-Leistungskatalog orientiert sind, darf keine Risikoprüfung stattfinden. Zudem wurde eine teilweise Übertragbarkeit von Alterungsrückstellungen eingeführt.

Fünf Krankenversicherungsunternehmen und drei privat krankenversicherte Einzelpersonen hatten gegen einzelne Regelungen der Reform Verfassungsbeschwerden eingelegt - diese wies das Bundesverfassungsgericht nun zurück. Die Beschwerdeführer seien nicht in ihren Grundrechten, insbesondere nicht der Berufs- und Vereinigungsfreiheit verletzt, so die Richter. Zwar beschränkten die Vorschriften über den PKV-Basistarif die Berufsausübung der PKV-Unternehmen. Sie seien aber im Hinblick auf die von ihnen verfolgten Ziele gerechtfertigt und derzeit nach der nicht zu beanstandenden Prognose des Gesetzgebers nicht als so schwerwiegend anzusehen, dass sie die künftige Funktionsfähigkeit der PKV ausschließen.

Eine sinnvolle Ausübung des Berufs eines privaten Krankenversicherers werde durch den Basistarif weder unmöglich gemacht noch nachhaltig erschwert. Soweit die Prämien im Basistarif im Einzelfall nicht risikogerecht seien, hätten nicht die Versicherungsunternehmen, sondern die PKV-Versicherten dies im Wege einer Umlage zu tragen. Der Gesetzgeber sei auch in vertretbarer Weise davon ausgehen, dass der neue Tarif auf absehbare Zeit keine bedeutsamen Auswirkungen auf das Geschäft der PKV haben wird. Jedenfalls derzeit könne ausgeschlossen werden, dass viele Versicherte in den Basistarif, der rund 570 Euro monatlich kostet, wechseln werden. Sollte sich diese Prognose in Zukunft dennoch als Irrtum darstellen, wäre der Gesetzgeber gegebenenfalls zur Korrektur verpflichtet, so das Gericht.

Auch mit den weiteren Vorschriften zum Basistarif habe der Gesetzgeber den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten; insbesondere sei er nicht verpflichtet gewesen, den neuen Tarif auf eine minimale Grundsicherung zu beschränken. Ebenfalls keine verfassungsrechtlichen Bedenken haben die Karlsruher Richter gegen die Einführung einer Portabilität der Alterungsrückstellungen im Umfang der dem Basistarif entsprechenden Leistungen für PKV-Neukunden. Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Unternehmen sei durch legitime Gemeinwohlinteressen gerechtfertigt. Ebenso ließ das Gericht die Vorschrift durchgehen, wonach ein gesetzlich Versicherter vor einem Wechsel in die PKV über drei Jahre hinweg - statt zuvor nur einem Jahr - ein Einkommen oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze aufweisen muss. Auch dies sei mit dem Grundgesetz vereinbar und für den betroffenen Versicherten zumutbar. Die Entscheidung zur Dreijahresfrist ist allerdings im Stimmenverhältnis 5:3 ergangen, während sich der entscheidende Senat im Übrigen einig war.

Ministerin Ulla Schmidt begrüßte das Urteil. Für sie ist vor allem "die abschließende Klärung von Bedeutung, dass auch die private Krankenversicherung soziale Verantwortung übernehmen muss, damit jeder und jede in Deutschland über einen Krankenversicherungsschutz verfügen kann".

PKV-Chef Reinhold Schulte hält der Entscheidung zugute, dass das Gericht dem Gesetzgeber immerhin Grenzen aufgezeigt habe.  Es bestätige die private Krankheitskostenvollversicherung als grundrechtlich abgesicherten Teil des dualen Gesundheitssystems und lege dem Gesetzgeber eine Beobachtungspflicht auf, die dafür sorgen soll, dass die Gesundheitsreform auch in Zukunft "keine unzumutbaren Folgen" für die Versicherten und die Versicherungsunternehmen hat. Schulte sieht in dem Urteil zudem eine "klare verfassungsrechtliche Absage an eine Bürgerversicherung", da das Gericht ausdrücklich das Nebeneinander von GKV und PKV und damit das Existenzrecht der privaten Krankenversicherung bestätige.


Kirsten Sucker-Sket