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Akne

Wieder aufgeblüht

Akne im Erwachsenenalter: Formen, Behandlung, Beratung

Akne gilt als eine Erkrankung des Jugendalters. Doch häufig bilden sich die unerwünschten Pickel nach der Pubertät nicht zurück – oder sie treten im höheren Lebensalter erstmalig auf. Da bei Akne im Erwachsenenalter eine Vielzahl von Ursachen und Auslösern infrage kommt, ist eine umfassende ärztliche Diagnostik meist unumgänglich. Die Behandlung erfordert Geduld, denn häufig wird ein chronischer Verlauf beobachtet, wobei sich Phasen deutlicher Besserung mit Verschlechterungen des Hautbildes abwechseln. Dieser Beitrag will Hintergrundwissen für die Beratung vermitteln und auffrischen. | Von Claudia Bruhn 

Akne ist weltweit die häufigste Hauterkrankung. Zwischen dem 15. und 18. Lebensjahr liegt ihre Prävalenz bei etwa 90%. Bei den meisten Betroffenen erfolgt nach der Pubertät eine spontane Remission der Hauterscheinungen, bei 2 bis 7% bleiben jedoch Narben zurück. Neuere epidemiologische Untersuchungen gehen davon aus, dass die Akne bei etwa der Hälfte junger Erwachsener in der dritten Lebensdekade persistiert. Für Akne im Erwachsenenalter ist der Begriff Spätakne (Acne tarda) gebräuchlich.

Vielfalt an Ursachen und Erscheinungsformen

Klinisch ist die Akne (Acne vulgaris) durch das Auftreten von Mitessern (Komedonen, lat. comedere = aufessen), Knötchen (Papeln) und Eiterbläschen (Pusteln) in talgdrüsenreichen Hautregionen an Gesicht, Dekolleté und Rücken gekennzeichnet. Man unterscheidet offene (Blackheads) und geschlossene (Whiteheads) Mitesser, die mit einer kompakten Mischung aus Talg (Sebum), Korneozyten und Bakterien gefüllt sind. Während die weißen bis hellgelben Whiteheads eine Epithelschicht bedeckt, sind Blackheads zur Hautoberfläche hin offen. Ihre dunkle Färbung entsteht hauptsächlich durch Melanin.

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Die Acne vulgaris tritt vorwiegend während der Pubertät auf und vor allem im Gesicht, auf Schultern und Rücken, im oberen Sternalbereich (seborrhoische Zonen). Im Gegensatz dazu kommen bei Erwachsenen die Papeln und Pusteln tendenziell eher im unteren Bereich des Gesichts vor: am Kinn, am Mund, am Hals.

Bei den Akne-Formen, die erst im höheren Lebensalter auftreten, handelt es sich trotz äußerer Ähnlichkeit nicht immer um Acne vulgaris; sie werden daher als akneiforme Erkrankungen bezeichnet. Komedonen fehlen häufig zu Beginn, können sich aber im Verlauf aus entzündeten Talgdrüsenfollikeln entwickeln.

Die Erkenntnisse zur Entstehung der Akne befinden sich in einem ständigen Wandel. Als relativ gesichert gilt, dass eine erhöhte Talgdrüsenaktivität mit Seborrhö, Störungen in der Differenzierung der hornbildenden Zellen (Keratinozyten), eine übermäßige bakterielle Kolonisation, insbesondere mit dem anaeroben Hautbewohner Propionibacterium acnes, sowie Entzündungsreaktionen dazu beitragen. Außerdem diskutiert man bei der Akne hormonelle (Steigerung der Androgen-Produktion in der Nebennierenrinde zu Beginn der Pubertät), genetische, nutritive und klimatische Pathogenesefaktoren. Beispielsweise werden für eine Verschlechterung des Hautbildes Milchprodukte und Kohlenhydrate mit hohem glykämischen Index verantwortlich gemacht (siehe Interview „Milch ist kein Nahrungsmittel, sondern ein Signalsystem!“ auf S. 44 in dieser DAZ). Sie bewirken einerseits eine rasche Insulin-Sekretion, andererseits eine Freisetzung von Wachstumsfaktoren wie IGF-1. Für beide finden sich sowohl an Talgdrüsen als auch an Keratinozyten Rezeptoren. Bei hohem Konsum dieser Nährstoffe können daher Talg­produktion und Zellproliferation verstärkt werden. Auf diesen Zusammenhängen beruht die Hypothese der Acne alimentaris.

Formen der Spätakne

Im Folgenden werden die Akne-Formen nach ihren Auslösern klassifiziert. Es ist möglich, dass sie auch unterhalb des Erwachsenenalters auftreten, beispielsweise die Medikamenten- oder die Kosmetik-Akne sowie die Berufsakne bei auszubildenden Jugendlichen. Eine Identifizierung der Auslöser und die konsequente Behandlung sind immer notwendig, um eine Chronifizierung und eine Narbenbildung zu verhindern.

Androgenetische Akne bei Frauen (Acne androgenetica)

Diese Akneform tritt überwiegend bei Frauen im dritten oder vierten Lebensjahrzehnt auf. Wegen eines Hormonungleichgewichts, das beispielsweise durch eine ovarielle Dysfunktion oder durch physiologische Hormonschwankungen während Schwangerschaft und Stillzeit bedingt sein kann, kommt es zu verstärkten Androgen-Wirkungen im Bereich der Haartalgdrüsenfollikel. Typisch sind mehr oder weniger entzündliche Knötchen (Papeln) und eine verstärkte Talgproduktion (Seborrhö). Die Hauterscheinungen manifestieren sich – anders als bei der Akne vulgaris im Jugendalter – überwiegend im Bereich des Kinns und des oberen Halses (Submandibular-Region), verschlimmern sich häufig prämenstruell und können ohne Behandlung lange bestehen bleiben.

Berufsakne (Gewerbeakne, Acne occupationalis)

Diese Form wird durch verschiedene Kontaktstoffe mit komedogener Wirkung induziert. Zu den wichtigsten zählen Erdöl (bei Arbeitern in Ölfeldern und Raffinerien), Teer (bei Straßenarbeitern, Dachdeckern) Schmieröle und -fette (bei Automechanikern) und Chlorkohlenwasserstoffe (bei Arbeitern in der Elektroindustrie). Bei Arbeiten im Freien kann die UV-Exposition ein zusätzlicher Triggerfaktor sein. Die Lokalisationen der Hauterscheinungen sind unterschiedlich; beispielsweise kommt es bei der Teerakne häufig zu schwarzgefärbten Entzündungen der Haarfollikel im Bereich der Unterarme und Oberschenkel. In dermatologischen Standardwerken gehört die Berufsakne ebenso wie die im Folgenden beschriebene Kosmetik-Akne zu den Kontaktaknen (Acne venenata, von lat. venenum = Gift).

Kosmetik-Akne (Acne cosmetica)

Auslösende Faktoren dieser Akneform sind ein übermäßiger Gebrauch von Kosmetika mit komedogenen Inhaltsstoffen (z. B. Lanolin, Vaseline, Natriumlaurylsulfat).

Maligne Akne (Acne fulminans)

Bei dieser Akneform kommt es neben schweren Hautveränderungen (z. B. tiefliegende, entzündete eitrige Knoten) zu Gelenkentzündungen, Leber- und Milzschwellungen, hohem Fieber und schweren Allgemeinsymptomen. Sie tritt häufig auch bei männlichen Jugendlichen auf. Unter Umständen ist eine stationäre Behandlung notwendig.

Mallorca-Akne (Frühjahrsakne, Sommerakne, Acne aestivalis)

Sie entsteht – meist auf der Basis einer genetischen Prädisposition – durch intensive UV-Strahlung und/oder die Verwendung fetthaltiger Sonnenschutzmittel. Es kommt zu Rötungen, Juckreiz, Knötchen, Pusteln oder Papeln in sonnenexponierten Arealen, das heißt vor allem am Hals, Dekolleté, Brust, Schulter oder Rücken. Die Symptome klingen im Herbst meist spontan ab.

Mechanische Akne (Acne mechanica)

Bei dieser Form verschlimmert sich eine Acne vulgaris durch mechanische Irritationen wie z. B. Scheuerreize. In den Körperbereichen (Brust, Rücken, Gesäß, Kinn etc.), wo diese Reize wirken, bilden sich zunächst nicht sichtbare Mikrokomedonen als Vorstufen der typischen Mitesser. Beispiele für Auslöser sind Bekleidung (z. B. Hemdkragen, Rollkragen), Riemen (z. B. von Rucksäcken, Traglasten oder Helmen) oder Sitzmöbel (Stuhllehnen, Autositze). Eine Unterform der Acne mechanica ist die Tropenakne (Acne tropicalis), die in tropischem Klima insbesondere bei Männern mit Akneanamnese ausbrechen kann, wenn zusätzlich mechanische Irritationen (z. B. durch das Tragen von Gepäckstücken, eng sitzende Kleidung) bestehen.

Medikamenten-Akne (Acne medicamentosa)

Diese Bezeichnung wird sowohl für medikamenteninduzierte akneiforme Hautveränderungen als auch für eine durch Medikamente verschlimmerte, vorbestehende Akne verwendet. Nach Absetzen des Arzneimittels bildet sie sich meist wieder zurück. Zu den wichtigsten Wirkstoffen, die Akne oder akneartige Hautveränderungen hervorrufen können, zählen Glucocorticoide (Steroid-Akne), Anabolika („Doping-Akne“), Tuberkulostatika (z. B. Isoniazid), Lithium, Antibiotika (Tetracycline, Streptomycin), Kaliumjodid, B-Vitamine (B1, B6, B12), Ciclosporin A sowie EGFR-Blocker (Gefitinib, Cetuximab).

Keine Akne: Hidradenitis suppurativa

Die Hidradenitis suppurativa oder Acne inversa ist eine chronisch rezidivierende, entzündliche, sehr schmerzhafte und zudem noch relativ unbekannte Hauterkrankung. Sie ähnelt zwar der Akne, hat aber wenig mit ihr gemeinsam. Die Pathogenese ist weitgehend ungeklärt. Früher nahm man an, dass es sich um eine Krankheit der apokrinen Drüsen handelt, da sie sich häufig in drüsenreichen Regionen wie den Achselhöhlen, den Leisten sowie der Anogenitalregion manifestiert. Neuen Erkenntnissen zufolge beginnt sie jedoch wahrscheinlich im terminalen Haartalgdrüsenapparat und manifestiert sich häufig zu Beginn des zweiten Lebensjahrzehnts. Das Anfangsstadium ist gekennzeichnet durch schmerzhafte Beulen und Abszesse in den Achselhöhlen, in der Leistengegend, unter den Brüsten, am Gesäß oder den inneren Oberschenkeln. Später kommt es zu Bildung von Abszessen und Fisteln und zur Narbenbildung. Zu den Therapieoptionen bei Hidradenitis suppurativa gehören laut einer S1-Leitlinie chirurgische Verfahren, die lokale und systemische Anwendung von Antibiotika (z. B. Clindamycin) und Antiandrogene (z. B. Cyproteronacetat in Kombination mit Ethinylestradiol). Seit 2015 ist auch der TNF-Antagonist Adalimumab zur Behandlung der Hidradenitis suppurativa zugelassen.


Tab. 1: Die häufigsten Akne-Mythen
Mythos
Realität
„Zahnpasta hilft gegen Mitesser.“
Falsch! Inhaltsstoffe wie Fluor oder Menthol wirken eher komedogen bzw. hautreizend.
„Mangelnde Hygiene ruft Akne hervor.“
Falsch! Ursache der Pickel ist eine Kombination aus Verhornungsstörung und Überproduktion von Talg, Triggerfaktoren können verstärkend wirken. Eine abgestimmte Reinigung kann das Hautbild verbessern.
„Fastfood und Schokolade sind schuld an Akne.“
Unausgewogene Ernährung kann zwar zur Akneentstehung beitragen, ist jedoch nicht die alleinige Ursache. In entwickelten Ländern spielt sie aber eine nicht unbedeutende Rolle.
„Akne verschwindet nach der Pubertät.“
In den meisten Fällen ja. Doch sie kann auch über das 25. Lebensjahr hinaus persistieren oder erstmalig im Erwachsenenalter ausbrechen.
„Sonne hilft gegen Akne.“
Falsch! Stärkere UV-Strahlung, z. B. im Urlaub, kann, besonders in Kombination mit starkem Schwitzen, Akne sogar erst auslösen.
„Akne ist ansteckend.“
Falsch! Akne ist keine Infektionskrankheit. Propionibacterium acnes gehört zu den natürlichen Hautbewohnern.

Stadiengerechte Therapie der Akne

Unabhängig vom Lebensalter sollte die Behandlung der Akne immer stadiengerecht erfolgen. Empfehlungen finden sich in einer europäischen und auch in einer deutschen Leitlinie, deren Gültigkeit allerdings abgelaufen ist.

In der Regel wird die Akne in vier Schweregrade eingeteilt, wobei die Übergänge teilweise fließend sind:

Stadium I: überwiegend durch Mitesser charakterisierte Acne comedonica

Stadium II: leichte bis mittelschwere Acne papulo­pustulosa

Stadium III: schwere Acne papulopustulosa

Stadium IV: sehr schwere Form (Acne conglobata)

Bei der Akne im Jugendalter verlaufen etwa 60% der Fälle mild, das heißt in den Stadien I und II. Die Hauterscheinungen können durch regelmäßige Reinigung und Pflege mit rezeptfreien Präparaten meist gut kontrolliert werden, wobei Benzoylperoxid-Päparate die wichtigste Rolle spielen. Intensivere Behandlung und Beratung benötigen Patienten der höheren Stadien, bei denen die Erkrankung schubförmig mit hochentzündlichen Phasen verlaufen kann und ein hohes Risiko für eine Vernarbung besteht. Bei Akneformen, für die Auslöser oder Triggerfaktoren – westliche Fehlernährung, Berufsstoffe wie Öl, Teer oder Chemikalien, mechanische Reize, UV-Strahlung, Arzneistoffe – identifiziert werden können, ist das Meiden derselben die Grundlage einer erfolgreichen Behandlung.

Was ist Aknetoilette?

Beim selbstständigen Ausdrücken von Pickeln mit einer falschen Technik besteht das Risiko entzündlicher Gewebe­reaktionen, die das Hautbild verschlechtern können. Der Begriff Aknetoilette steht für das Ausdrücken von offenen und geschlossenen Komedonen durch geschultes Personal, beispielsweise einen Hautarzt oder eine erfahrene Kosmetikerin. Es erfolgt idealerweise nach einem Dampfbad oder einer Gesichtsmaske. Offene Komedonen können direkt ausgedrückt werden. Geschlossene Komedonen werden mit einer feinen Kanüle oder Lanzette angeritzt und vorsichtig von unten ausgedrückt.

Reinigung und Pflege der Aknehaut

Dafür lassen sich einige Grundprinzipien festhalten. Sie sind gleichermaßen für die Reinigung und Pflege von unreiner Haut zu empfehlen, wie sie nicht nur im Gesicht, sondern auch im Bereich von Brust und Rücken auftreten kann.

  • Reinigung nicht mit herkömmlicher Seife, sondern mit Syndets mit schwachsaurem pH-Wert, um den physiologischen Haut-pH-Wert nicht zu beeinträchtigen; Verwendung von Einmalwaschlappen.
  • Der Alkoholgehalt von nachreinigendem Gesichtswasser sollte 5 bis 10% nicht übersteigen, um die Haut nicht zu stark zu entfetten.
  • Der Einsatz von chemischen Peelings (z. B. mit Alpha-Hydrox­ysäuren) kann sinnvoll sein, sollte aber maximal ein- bis zweimal pro Woche erfolgen. Dabei müssen stark entzündete Bereiche ausgespart werden, da Peelings auf starker Entzündung sehr schmerzhaft sind.
  • Produkte, die zur Pflege der Gesichtshaut bei Akne eingesetzt werden, dürfen keine komedogenen Inhaltsstoffe enthalten. Hydrophile Externa bzw. Hydrogele sollten bevorzugt werden.
  • Die Anwendung von dekorativer Kosmetik bzw. Camouflage zur temporären Abdeckung von Akne-Läsionen ist sinnvoll, um die psychischen Belastungen der Betroffenen zu verringern. Jedoch müssen auch diese Präparate frei von komedogenen Inhaltsstoffen sein.

Selbstmedikation bei milden Verläufen

Die Konsultation eines Dermatologen wird bei Akne vor allem dann empfohlen, wenn sich entzündliche und gegebenenfalls eitrige Läsionen über größere Hautareale ausdehnen. Bei milden Akneformen sind Benzoylperoxid, Salicylsäure, Teebaumöl sowie orales Zink evidenzbasierte Optionen für die Selbstmedikation, da dazu positive Ergebnisse aus klinischen Studien vorliegen. Als Adjuvans bei chronischen Akne-Formen ist auch Saccharomyces boulardii zugelassen.

Benzoylperoxid (in 2,5- bis 10%igen Zubereitungen auf dem Markt) verringert infolge der Abspaltung von atomarem Sauerstoff vor allem die Keimzahl des Anaerobiers P. acnes. Außerdem wirkt es antiinflammatorisch und keratolytisch, dies führt zu einem Abbau der Komedonen. Benzoylperoxid sollte einschleichend dosiert und dann ein- bis dreimal täglich angewendet werden. Bei Produkten, die zum Verbleib auf der Haut bestimmt sind, empfiehlt sich nach dem Auftragen und Abtrocknen die Anwendung einer Feuchtigkeitspflege, da Benzoylperoxid leicht austrocknend wirkt und daher Juckreiz hervorrufen kann. In den ersten vier bis sechs Behandlungswochen kann sich das Hautbild zunächst leicht verschlechtern. Außerdem sollte in der Beratung darauf hingewiesen werden, dass bei der Anwendung von Benzoylperoxid Haare und Kleidung gebleicht werden können. Auch Kontaktallergien sind möglich.

Salicylsäure besitzt antiseptische, anitinflammatorische, antiproliferative und (ab 5%) keratolytische Wirkungen. Die Anwendung sollte nur kleinflächig erfolgen; es bestehen Vorbehalte wegen des möglichen Risikos eines Reye-Syndroms bei Jugendlichen.

Teebaumöl ist bei Akne wegen seiner Sesquiterpen-Inhaltsstoffe, die eine antimikrobielle Wirkung besitzen, bei milder Akne empfehlenswert. Allergische Reaktionen sind möglich.

Zink werden – bei längerfristiger peroraler Einnahme – antibakterielle, antiinflammatorische und Sebum-reduzierende Eigenschaften zugeschrieben. Außerdem hemmt Zink den IGF-1-Rezeptor (s. Interview). Jedoch wurden diese Effekte nur für die perorale Anwendung gezeigt. Erwachsene sollten 25 bis 50 mg täglich, Kinder ab zehn Jahren 0,5 bis 1 mg/kg Körpergewicht täglich einnehmen. Die Wirkung setzt verzögert ein, gastrointestinale Beschwerden (z. B. Diarrhö) können auftreten.

Die Anwendung von Schwefel und Povidon-Jod (beide komedogen) sowie Triclosan (resistenzfördernd) zur Aknebehandlung wird nicht empfohlen.

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Vorsicht Sonne! Akne-Patienten, die Therapeutika mit Benzoylperoxid, Tetracyclinen, Nadifloxacin, Tretinoin und Isotretinoin anwenden, sollten darauf hingewiesen werden, dass die Wirkstoffe die Lichtempfindlichkeit der Haut erhöhen. Dagegen kann Azelainsäure problemlos in der sonnenreichen Jahreszeit eingesetzt werden.

Rezeptpflichtige Wirkstoffe zur Aknetherapie

Hormontherapie

Frauen mit Acne androgenetica können von einer hormonellen antiandrogenen Therapie (z. B. mit Cyproteronacetat) profitieren. Laut einem Cochrane Review von 2012 besitzt zudem eine Reihe von oralen Kontrazeptiva eine positive Wirkung auf die Hauterscheinungen. Ausgewertet wurden Studien mit Levonorgestrel, Norethindron, Norgestimat, Drospirenon, Cyproteronacetat, Chlormadinonacetat, Dieno­gest und Desogestrel, jeweils in Kombination mit Ethinylestradiol. Beachtet werden müssen die jeweiligen Kontraindikationen sowie das unterschiedliche thromboembolische Risiko der Substanzen. Bei plötzlich auftretender starker Akne wird die Erstellung eines Hormonstatus empfohlen, da dafür auch ein polyzystisches Ovarial-Syndrom (jetzt neu: metabolisch–reproduktives Syndrom, MRS) oder eine Tumorerkrankung der Hypophyse oder der Nebennieren­rinde die Ursache sein kann.

Retinoide

Die Retinoide Tretinoin und Adapalen werden lokal, Isotretinoin sowohl lokal als auch systemisch eingesetzt. Perorales Isotretinoin ist besonders für die Akne-Stadien III und IV indiziert. Adapalen ist besser verträglich als Tretinoin und lokales Isotretinoin. Für die Kombination Adapalen plus Benzoylperoxid besteht in der Therapie der milden bis moderaten papulo-pustulösen Akne eine starke Evidenz. Während in Europa alle Retinoide verschreibungspflichtig sind, ist in den USA seit Kurzem Adapalen zur lokalen Anwendung (Differin® Gel 0,1%) ab einem Alter von zwölf Jahren rezeptfrei erhältlich.

Bei etwa einem Drittel der Patienten kommt es in den ersten vier Behandlungswochen zur Verschlechterung des Hautbildes („Aufblühen“). Ursache dafür ist das Aufbrechen von nicht sichtbaren Mikrokomedonen. Die Akne sollte dennoch weiter behandelt werden, da die Reizungen nach dieser Zeit zurückgehen.

Bei der Anwendung von Retinoiden ist deren teratogenes Potenzial zu beachten. Zu oralem Isotretinoin existieren außerdem Berichte über eine Erhöhung des Risikos für Depressionen, Angst, Aggressionen und suizidale Handlungen. Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der europäischen Arzneimittelagentur (EMA) hat kürzlich einen Review zur Neubewertung der Sicherheit von Retinoiden initiiert. Anlass dafür war die Erkenntnis, dass die zahlreichen in Europa zugelassenen Präparate keine einheitlichen Informationen und Warnungen zur Risikominimierung in der Schwangerschaft enthalten. Auch zum Suizidrisiko von Isotretinoin sind die Angaben in den Produktinformationen nicht konsistent. Die Hersteller von Präparaten mit den Wirkstoffen Acitretin, Adapalen, Alitretinoin, Bexarotene, Isotretinoin, Tazarotene und Tretinoin sind nun gehalten, bis zum 30. September 2016 einen entsprechenden Fragenkatalog zu beantworten.

Antibiotika

Als antibakterielle Substanzen werden bei Akne Tetracycline (Tetracyclin, Doxycyclin, Minocyclin), Erythromycin, Clindamycin und das ausschließlich als topisches Arzneimittel verfügbare Nadifloxacin eingesetzt. Orales Erythromycin ist der Behandlung der schweren Akne in der Schwangerschaft vorbehalten. Therapieziel ist nicht nur die Reduktion der Kolonisation mit P. acnes, sondern auch der Entzündung. Bei milder Akne ohne Entzündungszeichen sollten Antibiotika nicht eingesetzt werden. Auch eine topische oder systemische Monotherapie wird nicht empfohlen. Sinnvolle Kombinationen mit guten Wirksamkeitsbelegen sind beispielsweise topisches Clindamycin plus Benzoylperoxid im Akne-Stadium II oder im Stadium IV Doxycyclin systemisch mit Azelainsäure lokal. Der Einsatz topischer oder systemischer Antibiotika sollte immer über einen von vornherein begrenzten Zeitraum erfolgen. Die zunehmende Resistenz bzw. Kreuzresistenz von P. acnes erfordert ärztlicherseits eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung des Einsatzes.

Azelainsäure

Die topisch anzuwendende Dicarbonsäure wirkt komedolytisch, antiinflammatorisch und antimikrobiell. Sie wird beispielsweise als Monotherapie in Stadium I und II und in Kombination mit systemischen Antibiotika in Stadium III eingesetzt. Auch Kombinationen mit Benzoylperoxid, Retinoiden und Antiandrogenen bei Frauen werden empfohlen. Azelainsäure kann in der Schwangerschaft und Stillzeit angewendet werden.

Bestrahlungstherapie bei Akne

Für eine Bestrahlung mit UV-A- oder UV-B-Strahlen ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig, sie wird daher nicht empfohlen. Ein Grund dafür ist, dass UV-Strahlung aus dem Talglipid Squalen Squalenperoxid bildet, das sich tierexperimentell und auch am Menschen als komedogen erwiesen hat. Aus dem Bereich des sichtbaren Lichts (Wellenlänge 400 bis 750 nm) kann Blaulicht (420 bis 480 nm) bei leichter bis mittelschwerer Akne papulopustulosa in Kombination mit topischen und systemischen Therapien erwogen werden. Als Wirkmechanismus vermutet man eine Anregung der bakteriellen Porphyrine und Bildung von freien Sauerstoff-Radikalen mit nachfolgender Zerstörung der Propionibakterien.

Der Nutzen einer photodynamischen Therapie (Photosensibilisatoren: δ-Aminolävulinsäure oder Methyl-Amino­lävulinsäure) bei entzündlicher Akne kann derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden. Die photodynamische Therapie ist wirksam in der Behandlung entzündlicher Akneformen, es hat sich jedoch ein ungünstiges Profil von akuten und ein ungeklärtes Profil von langfristigen unerwünschten Wirkungen gezeigt. Zu den postulierten Wirkmechanismen zählen eine photodynamische Zerstörung von Bakterien und eine Antagonisierung der Seborrhoe durch temporäre oder irreversible Schädigung der Talgdrüsen. |

Quelle

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FDA News Release vom 8. Juli 2016: Meeting highlights from the Pharmacovigilance Risk Assessment Committee (PRAC), 4. bis 8. Juli 2016, www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/news_and_events/news/2016/07/news_detail_002567.jsp&mid=WC0b01ac058004d5c1, abruf am 31. Juli 2016

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Autorin

Dr. Claudia Bruhn ist Apothekerin und arbeitet als freie Medizinjournalistin. Sie schreibt seit 2001 regelmäßig Beiträge für die DAZ.

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