Deutscher Apothekertag 2008

Sie kommt, sie kommt nicht, sie kommt?

Peter Ditzel

Die elektronische Gesundheitskarte scheint zur "never-ending-story" zu mutieren. Die Anfänge liegen bereits zehn Jahre zurück. Mittlerweile, etwa seit 2002, wird die Einführung und der Start der eCard fast jährlich von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt mit großen Worten angekündigt. Im April dieses Jahres hatte die Gematik (das ist die Gesellschaft, in der Ärzte, Apotheker, Krankenkassen und Krankenhäuser seit 2005 versuchen, an diesem IT-Vorhaben zusammenzuarbeiten) beschlossen, die erste reguläre elektronische Gesundheitskarte am Tag vor Heiligabend, am 23. Dezember 2008, auszuliefern. Es wäre das schönste Weihnachtsgeschenk für Ulla Schmidt, hieß es. Die Gematik hätte auf die Jahreszahl verzichten sollen, denn dieses Jahr Weihnachten scheint es nichts zu werden.

Die derzeit laufenden Testversuche sind nicht im grünen Bereich. Die aktuell eingesetzte Technik ist nicht hinreichend praxisgerecht und Prozesse in den Apotheken werden dadurch zum Teil eher belastet denn unterstützt. Ganz zu schweigen vom Datenschutz – hier liegt noch einiges im Argen: so warnt der Bundesdatenschutzbeauftragte aktuell davor, Patientenakten ins Internet zu stellen.

Massiver Widerstand kommt von zahlreichen Ärztegruppen, sie gehen in Opposition und verlangen unter Protest und mit Unterschriftenaktionen ("Stoppt die eCard") mehr Datensicherheit (Transparenz für Versicherte statt transparente Versicherte) und eine bessere Technik.

Und die Apotheker? Laufen sie brav der Gematik und dem Bundesgesundheitsministerium in Sachen eCard wie die Lemminge hinterher? Stürzen sie sich ins eCard-Verderben mit Kosten und ungeschützten Daten? Nein, sagte ABDA-Hauptgeschäftsführer Seitz auf dem Apothekertag. Man laufe der Entwicklung nicht blind hinterher, sondern wolle sie weiterhin kritisch und konstruktiv begleiten. Na gut, möchte man sagen, wenn man sie nicht verhindern kann, dann sollte man wenigstens versuchen, das Beste daraus zu machen. Doch ob hier der Einfluss der Apotheker in der Gematik groß genug ist? (Der Deutsche Apothekerverband ist an dieser Gesellschaft nur zu acht Prozent beteiligt.)

Hoffnung gibt ein auf dem Deutschen Apothekertag angenommener Antrag, der die Bundesregierung und die Gematik auffordert, die elektronische Gesundheitskarte erst einzuführen, wenn

a) ihre Tauglichkeit für den alltäglichen Einsatz in adäquaten Tests nachgewiesen wurde,

b) die Arzneimitteltherapiesicherheitsprüfung frühzeitig in die Testmaßnahmen einbezogen wird,

c) die Datensicherheit garantiert ist und

d) eine Refinanzierung erfolgt.

Daraus ergibt sich für mich: Soweit ist das Projekt noch lange nicht. Und während sich Experten und Zuständige über die Details streiten, schreitet die technische Entwicklung fort …

Können wir uns überhaupt über eine eCard freuen? Weniger, denn neben beträchtlichen Kosten, die auf uns zukommen, wird es die eCard, auf der dann auch das ärztliche Rezept gespeichert wird, dem Patienten ganz einfach ermöglichen, seine Verschreibung an eine Versandapotheke weiterzuleiten. Oder – horribile dictu – er nimmt seine eCard und steckt sie bei einer Pick-up-Stelle bei dm oder Schlecker ins Kartenterminal. Keine schöne neue Welt.


Peter Ditzel

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