Schiedsstelle entscheidet über Cannabisextrakt

Sativex®: Erstattung auf niedrigem Niveau

Berlin - 20.03.2013, 14:47 Uhr


Die Schiedsstelle, die nach gescheiterten Verhandlungen über einen Erstattungsbetrag tätig wird, hat erneut einen Beschluss gefasst. Betroffen ist der Wirkstoff Cannabis sativa (Sativex®): Der Hersteller Almirall erhält danach von den Kassen nur noch 150 Euro für sein Präparat – bislang betrug sein Abgabepreis 464 Euro.

Bei Sativex® handelt es sich um ein Mundspray zur Behandlung der durch Multiple Sklerose (MS) verursachten Spastik. Der Gemeinsame Bundesausschuss stellte für das Präparat im Rahmen der frühen Nutzenbewertung einen geringen Zusatznutzen fest. In den anschließenden Preisverhandlungen konnten sich Almirall und der GKV-Spitzenverband nicht einigen. Almirall sah sich eigenen Angaben zufolge mit „unangemessen niedrigen Preisvorstellungen konfrontiert“. Doch die Anrufung der AMNOG-Schiedsstelle hat an dieser Situation nichts geändert. Je nachdem, ob der gesetzliche Herstellerabschlag abgelöst werden soll, wird der künftige von den gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen zu erstattende Betrag für eine Packung Sativex® bei 150 Euro (mit Ablösung) oder 173,30 Euro liegen.

Beim GKV-Spitzenverband begrüßt man die Entscheidung. Aus ihr lasse sich ablesen, dass die Schiedsstelle „die Höhe des Zuschlags auf die Jahreskosten der zweckmäßigen Vergleichstherapie hauptsächlich an den patientenrelevanten Zusatznutzen gekoppelt hat“. Da es lediglich einen Anhaltspunkt für einen Zusatznutzen gebe, liege der nun von den Kassen erstattete Betrag nicht bei der Forderung des pharmazeutischen Unternehmers, sondern entsprechend nah bei den Kosten der zweckmäßigen Vergleichstherapie. „Für Patienten ist diese Entscheidung wegweisend“, meint Johann-Magnus von Stackelberg, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes. Sie folge dem Geist des AMNOG: „Wer mit neuen Arzneimitteln finanziell punkten will, muss echte Innovationen mit einem nachgewiesenen Zusatznutzen für Patienten entwickeln“, so Stackelberg.

Bei Almirall sieht man dies anders. „Der Erstattungsbetrag ist dieser modernen Therapie für sehr schwer Erkrankte, die momentan keine andere Option haben, nicht angemessen“, so Geschäftsführer Farid Taha. Weder spiegele er den Innovationscharakter von Sativex® noch den therapeutischen Gewinn für schwer erkrankte Patienten wider. Das Unternehmen betont, dass das Präparat zugelassen ist für MS-Patienten, die nicht angemessen auf eine andere antispastische Arzneimitteltherapie angesprochen haben. Es fielen somit lediglich für ein überschaubares Patientenkollektiv – von 3.000 Patienten ist die Rede – Kosten für das Gesundheitssystem an. Überdies: Der Erstattungsbetrag decke nicht einmal mehr annähernd die Finanzierung des Produktes. Doch nun muss das Unternehmen einen Rabatt von mehr als 60 Prozent leisten – auch im Vergleich zu anderen Erstattungspreisen in der EU. Farid Taha kündigte an, man werde für Sativex® „alle Optionen und weiteren Schritte prüfen“ – „denn Almirall glaubt an Deutschland als relevanten Markt für Arzneimittelinnovationen.“

Mit der Festsetzung dieses Erstattungsbetrages von Anfang März 2013 liegt erstmals eine Schiedsstellenentscheidung für einen Wirkstoff mit einem Zusatznutzen vor. Der festgesetzte Erstattungsbetrag gilt rückwirkend ab dem 1. Juli 2012.


Kirsten Sucker-Sket