Rabattvertrag über Grippe-Impfstoffe

Vergabekammer weist AOK in die Schranken

Berlin - 13.11.2012, 21:44 Uhr


Das Chaos um die Grippeimpfstoffe nimmt kein Ende. Noch immer warten Großhändler, Apotheken und Ärzte auf zusätzliche Impfdosen. Mehr Rechtssicherheit – aber nicht mehr Impfstoffe – bringt indes eine Entscheidung der 1. Vergabekammer des Bundes. Wie die AOK NordWest gegenüber DAZ.online bestätigte, hat diese am Dienstag entschieden, dass die Exklusivität eines Rabattvertrags nicht mehr gilt, wenn der Vertragspartner nicht liefern kann.

Der Novartis-Konkurrent GlaxoSmithKline (GSK) hatte gegen die AOK NordWest ein vergaberechtliches Verfahren eingeleitet, nachdem diese nach dem Begripal o.K.-Ausfall einen Ergänzungsvertrag über Ersatzimpfstoffe abgeschlossen hatte. Die Vergabekammer entschied, dass für einen solchen erweiterten Rabattvertrag eine erneute Ausschreibung erforderlich gewesen wäre.

Bei GSK ist man mit dem Urteil zufrieden – von einem „Sieg“ will man dort aber nicht sprechen. „Unser Anliegen war und ist es, Rechtssicherheit für uns als Firma und – noch wichtiger – im Rahmen der Patientenversorgung zu schaffen. Dies ist uns mit diesem Urteil gelungen“, so ein Sprecher des Unternehmens gegenüber DAZ.online. Die AOK habe in einer für ihre Patienten sehr dringlichen Notlage getan, was sie für richtig und legitim hielt, räumt das Pharmaunternehmen ein. Nun hätten beide Seiten die Rechtssicherheit, die sie bräuchten, „um in dem komplexen und schwierigen Umfeld der gesetzlich vorgegebenen Rahmenbedingungen für Ausschreibungen zu agieren“.

Seitens der AOK NordWest hieß es, die Vergabekammer habe die einseitige Marktöffnung durch die Krankenkassen bestätigt. Diese Öffnung erfolgte allerdings erst später – nachdem auch die Ersatzimpfstoffe Fluad, Optaflu und Begripal mit Kanüle nur in geringen Mengen lieferfähig waren. Die Kasse verweist darauf, dass auf Bundesebene eine Reihe von Gesprächen mit allen anderen Herstellern geführt wurde, um weitere lieferbare Impfstoffmengen abzustimmen. „Auch mit dieser Vorgehensweise haben wir offensichtlich im Sinne der Vergabekammer gehandelt“, so ein Sprecher der AOK NordWest. Und er fügt hinzu: „Gleichwohl bestehen wir weiterhin darauf, dass die mit Novartis ausgehandelten Preise für die Grippeimpfstoffe weiter gelten“.

GSK will in den Gesprächen mit allen Beteiligten allerdings erreichen, dass die Ausschreibungen für Grippeimpfstoffe noch einmal kritisch hinterfragt werden. In Zukunft müssten die Verträge aus Sicht des Unternehmens weitere Kriterien enthalten, beispielsweise Impfziele und Lieferzeiträume.

Die Kassen in Schleswig-Holstein und Hamburg standen nach Informationen von DAZ.online kurz davor, einen weiteren Vertrag über Grippeimpfstoffe abzuschließen – Sanofi wollte 170.000 Impfdosen in den Norden liefern. Doch ein solcher Vertrag wurde nach der Entscheidung der Vergabekammer hinfällig.

Derweil lässt das diese Woche erwartete Influsplit® von GSK noch auf sich warten. Am Dienstagabend sollen die Dosen jedoch das Produktionswerk in Dresden verlassen haben. Nun bedürfe es noch einiger logistischer Schritte bis zur Auslieferung an die Großhändler. „Wir gehen aber davon aus, dass die zusätzlich produzierten über 400.000 Dosen in den nächsten Tagen zur Verfügung stehen“, so der GSK-Sprecher.


Kirsten Sucker-Sket


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