Apothekenpflicht

Hexal weist dm & Rossmann in die Schranken

Berlin - 11.01.2012, 16:45 Uhr


Hexal stoppt dm und Rossmann: Nachdem die beiden Drogeriemarktketten N-Acetylcystein-haltige Brausetabletten als diätetisches Lebensmittel verkauft haben, hat der ACC®-Hersteller Hexal wettbewerbsrechtliche Schritte gegen die Unternehmen eingeleitet. Nach Informationen von DAZ.online haben dm und Rossmann nunmehr eine Unterlassungserklärung abgegeben.

In apothekenüblicher Dosierung und Darreichungsform bieten die beiden Drogeriemarktketten einen „Hustenlöser“ als Brausetabletten mit jeweils 200mg NAC pro Tablette an. Diese sind laut Packungsaufdruck und Gebrauchsinformation zur „ergänzenden bilanzierten Diät zur diätetischen Behandlung von Bronchitis“ geeignet. Bei Hexal ist man überzeugt, dass hier ein Arzneimittel unzulässigerweise als Lebensmittel verkauft wird. Der Arzneimittelhersteller forderte daher dm und Rossmann auf, den Verkauf dieser Produkte zu unterlassen. In der nun von den Drogerien unterzeichneten Unterlassungserklärung verpflichten sich diese, die Produkte vom Markt zu nehmen. Es wird ihnen noch eine kurze Aufbrauchfrist gewährt.

Möglich wurde der Verkauf eines Arzneistoffs in dieser Form durch eine rechtliche Lücke in der Verordnung für diätetische Lebensmittel (Diätverordnung). Dort wird Acetylcystein in der Anlage 2 als möglicher Zusatzstoff diätetischer Lebensmittel benannt. Der Gehalt im Endprodukt wird dabei nicht definiert, es wird lediglich darauf hingewiesen, dass Acetylcystein als Zusatzstoff „nur in bilanzierten Diäten“ eingesetzt werden darf. 

Diese Ungenauigkeit fiel schon 2010 in einer Abstimmung eines Sachverständigenausschusses des BfArM zur Entlassung von Acetylcystein aus der Apothekenpflicht auf: Während einstimmig beschlossen wurde, die Apothekenpflicht für NAC beizubehalten, hatte ein Sachverständiger damals angemerkt, dass einige NAC-haltige Produkte auch als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben würden und dass bezüglich dieser Produkte eine Überprüfung der Verkehrsfähigkeit bzw. eine Abstimmung zwischen den verschiedenen zuständigen Behörden erfolgen solle. 

Der Pressesprecher der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Florian Martius, erklärte auf Anfrage der DAZ.online-Redaktion, dass die ABDA „dringenden Klärungsbedarf“ sehe und „ungeachtet von Einzelfällen oder Rechtsfragen“ der Meinung ist, dass „NAC-haltige Präparate in die Apotheke gehören“. Martius: „Die Diskussion zeigt erneut, dass eine scharfe Abgrenzung zwischen Arzneimitteln auf der einen und Lebensmitteln auf der anderen Seite dringend notwendig ist“.

Bei Hexal ist man entschlossen, weiter zu kämpfen: „Wir werden auch in Zukunft mit allen rechtlichen Mitteln gegen Anbieter vorgehen, die NAC-haltige Präparate ohne Arzneimittelzulassung als diätetische Lebensmittel anbieten“, so der Leiter der Unternehmenskommunikation Hermann Hofmann gegenüber DAZ.online. Noch besser wäre es aber, wenn von vornherein durch die Zulassungsbehörde ein Riegel vorgeschoben würde. Hofmann: „Die Spielchen müssen ein Ende haben! Wir als Hersteller wollen klare Regeln genau wie die Apotheker."

Nach diesen wettbewerbsrechtlichen Schritten von Hexal bleibt abzuwarten, wie sich die zuständigen Aufsichtsbehörden verhalten werden.


Almuth Schmidt