Kommentar zur Marktrücknahme von Mirabegron

Das nächste AMNOG-Opfer?

21.05.2015, 16:01 Uhr

Folge der Nutzenbewertung: Die Hersteller wägen ihre finanziellen Interessen gegen die Interessen der Patienten ab. (Bild: pogonici/Fotolia)

Folge der Nutzenbewertung: Die Hersteller wägen ihre finanziellen Interessen gegen die Interessen der Patienten ab. (Bild: pogonici/Fotolia)


Mirabegron wird demnächst vom Markt genommen. Der Grund: Hersteller und GKV-Spitzenverband konnten sich auf keinen Erstattungsbetrag einigen. Schnell ist man versucht, dem AMNOG-Verfahren die Schuld zu geben: Die frühe Nutzenbewertung verhindert die Versorgung deutscher Patienten mit innovativen Arzneistoffen, weil sie dazu führt, dass Präparate hier vom Markt genommen oder gar nicht erst eingeführt werden. Aber ist es tatsächlich so einfach? Ein Kommentar von Julia Borsch.

Wird, wie jetzt im Falle von Mirabegron (Betmiga®), der Vetrieb eines Präparats eingestellt, weil sich Hersteller und GKV-Spitzenverband nicht auf einen Erstattungsbetrag einigen konnten oder der Hersteller die Preisverhandlungen ganz abgelehnt hat, sehen sich die Firmen gerne in der Opferrolle. In den Pressemeldungen finden sich Formulierungen wie „man bedauere“ das Vorgehen sehr, aber man „sehe sich zu diesem Schritt gezwungen“. Dass es sich dabei um eine rein wirtschaftliche Entscheidung handelt, liest man hingegen eher selten. Kein Hersteller ist gezwungen, sein Präparat vom Markt zu nehmen, nur weil der G-BA keinen Zusatznutzen sieht. Bei fehlendem Zusatznutzen darf die innovative Therapie allerdings für die gesetzlichen Krankenkassen nicht teurer sein als die zweckmäßige Vergleichstherapie. Der Hersteller muss also seine wirtschaftlichen Interessen gegen die Interessen der Patienten abwägen. Das kann dann so ausgehen wie bei Mirabegron, muss es aber nicht.

Sicher ist die Entwicklung innovativer Wirkstoffe teuer und muss sich in irgendeiner Weise für die Firmen auch rechnen, zumal Pharmafirmen keine Wohltätigkeitsverbände, sondern meist börsennotierte Aktiengesellschaften sind. Möglicherweise hat das AMNOG-Verfahren Schwächen und man würde an einzelnen Stellen gut daran tun, die vom G-BA für die Ermittlung des Zusatznutzens angelegten Kriterien zu hinterfragen. Aber damit, dass man den schwarzen Peter generell bei solchen Marktrücknahmen allein dem G-BA und dem AMNOG zuschiebt und die Pharmaindustrie nur als Opfer hinstellt, macht man es sich zu leicht. Die einzigen echten Opfer sind am Ende ohnehin die Patienten.


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