Nach verstärkten Anfeindungen

Institut verzichtet auf Primatenversuche

05.05.2015, 17:10 Uhr

Tübinger Institut verzichtet künftig auf Primatenversuche. (Foto: fotofreaks/Fotolia)

Tübinger Institut verzichtet künftig auf Primatenversuche. (Foto: fotofreaks/Fotolia)


Berlin – Das Tübinger Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik verzichtet künftig auf Forschung an Affen. Nach Angaben der Max-Planck-Gesellschaft wird der Direktor des Instituts, der Neurowissenschaftler Nikos Logothetis, nach Abschluss der laufenden und bereits genehmigten Experimente an Primaten künftig nur noch mit Nagetieren arbeiten. Zuvor wurde seine Abteilung Ziel einer Kampagne von Tierschutzaktivisten.

„Die immer wieder aufkeimenden Anfeindungen, die Vielzahl an Drohmails und Beschimpfungen über die vergangenen Monate hinweg waren eine große Belastung für alle Beteiligten“, heißt es in einer veröffentlichten Erklärung der Gesellschaft. Seit September 2014 hätten Tierschutzaktivisten die tierexperimentelle Forschung mit Bildern aus der Tierhaltung, die zum Teil mit falschen Texten unterlegt oder bei denen Tiere mutmaßlich manipuliert wurden, diskreditiert.

Trotzdem soll es in der Max-Planck-Gesellschaft auch weiterhin tierexperimentelle Forschung an nicht-humanen Primaten geben. „Dies ist nach wie vor der einzige Weg, um Behandlungsansätze zu entwickeln für neurologische Gehirnerkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson und psychiatrische wie Schizophrenie.“ Deshalb werde man innovative Forschungsansätze auf dem Gebiet der Primatenforschung auch zukünftig fördern. 

Erleichterung und Erstaunen

Die Reaktionen auf die Entscheidung fielen unterschiedlich aus. Die Organisation „Ärzte gegen Tierversuche“ etwa begrüßte den Schritt und fordert nun die Einstellung sämtlicher Tierversuche am Max-Planck-Institut. Die Landestierschutzbeauftragte von Baden-Württemberg, Cornelie Jäger (Grüne), reagierte ebenfalls erleichtert. Fraglich sei, welche Auswirkungen diese Entscheidung für andere Forschungseinrichtungen haben werde, die ähnliche Experimente durchführten. Wenn ein so renommierter Forscher Experimente an Rhesusaffen für entbehrlich halte, sei fraglich, ob für andere vergleichbare Versuche die für die Genehmigung erforderliche zwingende Notwendigkeit tatsächlich noch bestehe.

Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) zeigte sich hingegen bedrückt darüber, dass Forscher sich angesichts fortdauernder persönlicher Attacken gezwungen sehen, die Experimente mit Primaten nicht fortzusetzen. „Ich finde es absolut unerträglich, dass in Deutschland Wissenschaftler bedroht und unter Druck gesetzt werden“, erklärte sie. Der Stand der Wissenschaft erlaube heute keinen vollständigen Verzicht auf Tierversuche. „Wenn es um die Heilung von Krankheiten geht, gerade um die Entwicklung von Therapien gegen Demenz, Parkinson oder Alzheimer, sind und bleiben vor der Anwendung am Menschen Tierversuche unerlässlich.“


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