„Das Geschäft mit der Glaubwürdigkeit“

Ärzte und Apotheker zur Umsatzsteigerung

Berlin - 29.01.2015, 11:32 Uhr


Das Verbrauchermagazin „plusminus“ hat sich der Werbung mit Ärzten und Apothekern angenommen: Wenn sie für Präparate werben, steigere das häufig den Umsatz, heißt es. Schließlich gehörten sie zu den Berufsgruppen, denen Verbraucher am meisten vertrauen. Doch diese Glaubwürdigkeit könne leicht verspielt werden – Beispiel Almased. Für das Abnehmpulver wirbt der Hersteller mit einem Apotheker und einem Arzt. In der Wettbewerbszentrale sieht man die Werbung ebenfalls kritisch.

Almased ist das meistverkaufte Abnehmpulver in Deutschland, erklärt plusminus zu Beginn. Die Firma investiere ordentlich in Werbung. So komme der Werbespot etwa zur besten Sendezeit – direkt vor der Tagesschau. Darin zu sehen ist auch Apotheker Rudolf Keil. Allerdings erwarteten Verbraucher doch, dass ein Apotheker objektiv und unabhängig sei, konstatiert plusminus. Sodann wird die Internetseite des Apothekers unter die Lupe genommen, wo Keil mit seinem Team auf Bildern zu sehen ist, jeweils vor einem Almased-Regal – also „ganz der Almased-Verkäufer“. Über seinen Anwalt lässt Keil dem Magazin mitteilen, dass sein besonders engagiertes Interesse an einer Almased-unterstützten Ernährung eigeninitiativ entstanden sei, „begründet durch positive Erfahrungen aus der täglichen Apothekenpraxis“.

Es folgt ein Besuch bei der Wettbewerbszentrale in Bad Homburg. Dem Arzt und Apotheker vertraue man einfach mehr als den Aussagen des Werbenden selbst, erklärt Christiane Köber. Insgesamt sieht die Wettbewerbszentrale die Werbung von Almased sehr kritisch. Gegenüber plusminus beteuert Almased, sich auch in der Werbung stets an das geltende Recht zu halten. Doch das stimme so nicht ganz, mahnt das Verbrauchermagazin – und verweist auf den auf der Almased-Internetseite zu sehenden Arzt Prof. Dr. Aloys Berg von der medizinischen Fakultät der Universität Freiburg. Auch er preist das Abnehmpulver an. Das Magazin stößt darauf, dass Berg Studienunterstützung von Almased erhielt und für Vorträge honoriert wurde. Zudem wird das Almased-Kochbuch auf der Internetseite seines privaten Instituts beworben und kann dort direkt bestellt werden. Ein Honorar für Almased-Werbung habe er nie erhalten, teilt Berg über einen Anwalt mit.

Die Wettbewerbszentrale sieht die Werbung mit dem Arzt sehr kritisch: „Da haben wir es ein bisschen einfacher als beim Apotheker“, erklärt Köber. Anders als bei Apothekern, bei denen die Berufsordnung und andere gesetzliche Richtlinien nicht so eindeutig seien, gebe es in der ärztlichen Berufsordnung ein eindeutiges Verbot: „Der Arzt darf seinen Namen nicht hergeben für Produktwerbung.“ So solle verhindert werden, dass seine Tätigkeit kommerzialisiert werde, und dafür gesorgt werden, dass er objektiv bleibe. Die Universität Freiburg teilt mit, Berg sei seit 2008 in Ruhestand und man habe von der Werbung nichts gewusst. Von Berg verlangt die Uni, jegliche Werbung mit dem Hinweis auf die medizinische Fakultät und die Universität Freiburg zu unterlassen. Almased löscht daraufhin zwar den Hinweis auf die Uni Freiburg, wirbt auf ihrer Internetseite aber weiter mit dem Professor. Berg selbst beteuert, ihm sei die Werbung unbekannt gewesen. Doch: zu spät – die Wettbewerbszentrale will nun gegen das Unternehmen klagen.

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Juliane Ziegler


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