Regionen unterschiedlich krank

Leitlinien für ausgewogenere Gesundheit

Berlin - 10.12.2014, 11:54 Uhr


In Deutschland hängt die Anzahl der krankheitsbedingten Fehltage in Betrieben stark von der Altersstruktur der jeweiligen Region ab. Auch die regionale Wirtschaftskraft spielt eine Rolle. Das zeigt der BKK Gesundheitsreport 2014. Darüber hinaus wirft er Fragen zur Behandlungsprävalenz in den Regionen auf. Nach Meinung des BKK Dachverbands lässt sich die derzeitige Ungleichheit nur durch evidenzbasiertes Gesundheits-, Versorgungs- und Schnittstellenmanagement reduzieren.

Durchschnittlich 17,6 Tage waren die bei Betriebskrankenkassen pflichtversicherten Beschäftigten im Jahr 2013 krankgeschrieben. Das entspricht einem Krankenstand von 4,8 Prozent. Mit einem Viertel geht das Gros der Krankentage dabei auf Muskel-Skeletterkrankungen – vor allem am Rücken – zurück, gefolgt von Atemwegserkrankungen (16 %) und psychischen Störungen (15 %). In den letzten sieben Jahren stiegen die krankheitsbedingten Fehltage damit um fünf an (2006: 12,4 AU-Tage), insbesondere wegen der Zunahme langfristiger und chronischer Erkrankungen.

Ein direkter Zusammenhang besteht dabei zwischen der Altersstruktur und der Anzahl der AU-Tage: Je älter die Versicherten, desto mehr AU-Tage treten auf. Zudem wird deutlich, dass Arbeitslose die mit Abstand höchste Anzahl an AU-Tagen aufweisen. Allerdings lassen sich diese Unterschiede nicht allein auf diese Strukturen zurückführen, betonte der Vorstand des BKK-Dachverbands, Franz Knieps, bei der Vorstellung des Reports. Um die „wahre“ Behandlungsprävalenz zu ermitteln, müssten weitere Fragen beantwortet werden.

Vernetzung der Regionen stärken

Beispielsweise sei zu klären, ob einige Menschen tatsächlich kränker bzw. gesünder sind als andere oder ob sie nur häufiger bzw. seltener zum Arzt gehen, erklärte Dr. Holger Pfaff von der Universität Köln, der mit Knieps den Report herausgegeben hat. Möglicherweise stellten Ärzte ihre Diagnosen auch aufgrund festgefahrener Denkmuster, was ebenfalls zu verschiedenen Ergebnissen in den Regionen führen könne. Die beiden Herausgeber sehen hier die Politik gefordert, für gleiche Lebensverhältnisse  in Deutschland zu sorgen.

Konkret schlagen sie vor, auf mehr evidenzbasierte Prävention zu setzen. Darüber hinaus sollte die Steuerung der Versorgung durch evidenzbasierte Leitlinien und strukturierte Behandlungsprogramme verbessert werden – und durch mehr Vernetzung der einzelnen Regionen. „Die Leute bringen überall ihre Hochleistung“, erklärte Pfaff – „aber sie lernen nicht voneinander“. Als Möglichkeit nannte er das Instrument der Zweitmeinung: Es könnte stets ein Austausch zwischen vergleichbaren Regionen stattfinden, deren Krankheitsstand unterschiedlich ist. Nicht zuletzt müssen aus Sicht der Herausgeber auch die Schnittstellen im Gesundheitssystem optimiert werden.


Juliane Ziegler