Finanzminister jagen Steuerbetrüger

Manipulationssoftware als Spiel getarnt

Berlin - 15.07.2014, 12:27 Uhr


Als Vorsitzender der Länderfinanzministerkonferenz hat NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) seine Jagd auf Steuerbetrüger mithilfe elektronischer Kassensysteme intensiviert. Gemeinsam mit dem Bundesfinanzministerium wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die gesetzliche Gegenmaßnahmen erarbeiten soll, wie Steuerhinterziehung an der Kasse gestoppt werden kann.

„Bund und Länder werden nun zeitnah ein entsprechendes Maßnahmenpaket erarbeiten. Dabei geht es auch um die gesetzliche Einführung einer Software, die Manipulationen aufdeckt. Darüber hinaus geht es darum, dass die Finanzämter statt mit Anmeldung künftig auch unangemeldet Kassen in Betrieben überprüfen können. Und schließlich sollen die Herstellung und der Vertrieb von Software mit Manipulationsmöglichkeiten verboten werden“, so das NRW-Finanzministerium auf DAZ.online-Anfrage.

Inkognito hatte Walter-Borjans zuvor Mitarbeiter zu einer Fachmesse für Kassenhersteller geschickt, um sich bei den Kassenherstellern über „Neuigkeiten“ zu informieren. Das Ergebnis hat den SPD-Finanzminister schockiert. Herausfinden sollten Walter-Borjans Steuerfahnder, welche Manipulationsmöglichkeiten die neueste Kassengeneration bietet. Das Ergebnis: „Fast alle Hersteller gaben Tipps und Informationen, wie es möglich ist, zu manipulieren“, so das NRW-Finanzministerium gegenüber DAZ.online. „In etlichen Branchen mit häufigen Bargeldzahlungen gibt es danach Steuerhinterziehung mithilfe von manipulierten Kassen“, ist Walter-Borjans seitdem überzeugt.

Mehr noch: Am Donnerstag, den 3. April, staunten die geladenen Gäste im Finanzamt Düsseldorf-Altstadt nicht schlecht, als auf der Präsentationsleinwand ein Computerspiel namens „Der Aufstand“ auftauchte. So ähnlich wie beim altbekannten „Mohrhuhnspiel“ lassen sich damit Raumschiffe und Ufos abballern – aber nicht nur. Nach einem einfachen Tastendruck und der Eingabe eines Schlüsselcodes verwandelte sich der Zeitvertreib in eine illegale Software zur Manipulation von elektronischen Kassensystemen. Die Finanzbeamten rieben sich verwundert die Augen. Kinderleicht ließen sich bereits getätigte Umsätze vermindern oder auch ganz verschwinden.

Von welchem Hersteller die Manipulationssoftware stammt und ob es so etwas auch für Apothekenwarensysteme gibt, will das NRW-Finanzministerium nicht verraten. Bei der fraglichen Präsentation wurde den ebenfalls anwesenden Beamten des Düsseldorfer Finanzministeriums noch weitere andere Manipulationssoftware in Form von Textverarbeitungsprogrammen und Zappern vorgeführt.

NRW-Finanzminister Walter-Borjans gehe es bei der Initiative keineswegs darum, bestimmte Branchen in ein schlechtes Licht zu rücken, so das NRW-Finanzministerium. Er habe mehrfach betont, dass es ihm eben nicht um Verdächtigungen gegen einen Berufsstand, den Mittelstand oder eine Branche gehe. Im Gegenteil: Es gehe ihm darum, dass schwarze Schafe den Ruf aller ehrbaren Kaufleute gefährden könnten.


Lothar Klein


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