Pharmamarkt in Italien

Investitionen trotz Sparzwang

Remagen - 14.07.2014, 09:02 Uhr


Im Zuge der Wirtschaftskrise hat Italien in den letzten Jahren bei den staatlichen Gesundheitsausgaben kräftig auf die Bremse getreten. In diesem Jahr soll der Staat zwei Milliarden Euro sparen. Dies wirkt sich natürlich auch auf den Arzneimittelsektor aus, der zu einem großen Teil vom Export lebt. Deshalb wird weiterhin investiert.

Der italienische Markt für pharmazeutische Erzeugnisse kommt in Europa mit circa 20,1 Milliarden Euro im Jahr 2013 auf den dritten Platz – nach Deutschland und Frankreich. Nach Prognosen der Unternehmensberatung Espicom wird der Markt 2014 um circa fünf Prozent auf 19,9 Milliarden Euro zurückgehen. Etwa 16 Milliarden Euro gab der Staat in 2013 für pharmazeutische Erzeugnisse aus (15 % der Gesundheitsausgaben). Zwischen 2006 und 2013 sind die öffentlichen Ausgaben trotz Inflation um vier Prozent gesunken. Auch die Pro-Kopf-Ausgaben entwickeln sich rückläufig und liegen weit unter dem Niveau anderer europäischer Referenzländer.

Als Gründe hierfür nennt der Branchenverband Farmindustria die im Zuge der Sparpolitik eingeführten regionalen Ausgabenobergrenzen, die Kürzungen der Margen bei Großhändlern und Apotheken sowie Preissenkungen in dem mit acht Prozent (nach Umsatz in 2011) bislang noch relativ kleinen italienischen Generikamarkt. Dabei könnte der italienische Pharmasektor laut einem Marktbericht von „Germany Trade and Invest“ (GTAI) als Aushängeschild für die gesamte Industrie des Landes dienen. Italien ist nach Deutschland der zweitwichtigste Produzent von Arzneimitteln in der EU. In den insgesamt 174 Produktionsstätten wurden 2013 Arzneimittel mit einem Wert von 28 Milliarden Euro hergestellt, davon 71 Prozent für den Export. Mit diesem Wert belegt Italien hinter Deutschland Platz zwei in Europa.

Ein besonderes Problem der Pharmabranche ist der Zahlungsverzug der öffentlichen Verwaltung an die Pharmakonzerne. GTAI beziffert den Gesamtwert ausstehender Zahlungen zurzeit mit circa 3,5 Milliarden Euro. Nach Angaben von Farmindustria warten Unternehmen im Durchschnitt 183 Tage auf die Bezahlung ihrer erbrachten Leistung. In den südlichen Regionen würden Rechnungen teilweise erst nach mehreren Jahren beglichen. In den Krisenjahren zwischen 2008 und 2013 haben die Firmen jährlich über 2,3 Milliarden Euro investiert, davon über die Hälfte in Forschung und Entwicklung und den Rest in die Modernisierung der Produktion. Bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung kann das Land im internationalen Vergleich mit anderen europäischen Referenzländern allerdings nicht Schritt halten. In Deutschland wurde mehr als das Vierfache ausgegeben.  

Die Struktur der italienischen Pharmaindustrie bezeichnet GTAI als „einzigartig“. Circa 40 Prozent der Unternehmen befinden sich in italienischer Hand. 60 Prozent sind in ausländischem Besitz. Die wichtigsten Akteure sind multinationale Konzerne wie Sanofi Aventis, Pfizer, GSK und Bayer, aber auch privat geführte italienische Firmen wie die Menarini Group und Chiesi Farmaceutici. Die italienischen Hersteller konzentrieren sich zunehmend auf die Exportmärkte, während die Binnennachfrage überwiegend von ausländischen Herstellern gedeckt wird. Regional sind die meisten Pharmaunternehmen in der Lombardei angesiedelt, sowohl im Bereich Produktion als auch in der Forschung und Entwicklung. Mehr als 100 Pharmaeinrichtungen mit über 30 Forschungszentren erbringen von hier aus die Hälfte der Produktions- sowie Forschungsleistung des Landes.


Dr. Helga Blasius


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