Werbung inkognito

Scientology-Material im Apothekenregal?

Berlin - 08.04.2014, 14:00 Uhr


Kaum eine Organisation ist so umstritten wie Scientology. Sie selbst sieht sich als Kirche, in der Öffentlichkeit wird sie als Sekte wahrgenommen. Mit Unterorganisationen und Kampagnen möchte die Organisation unerkannt Einfluss und Anhänger gewinnen: In einigen Geschäften – unter anderem einer Berliner Apotheke – wurde inkognito bereits Werbematerial platziert, berichtet Stefan Barthel, Mitarbeiter der Leitstelle für Sektenfragen im Land Berlin.

Vergangene Woche berichtete die „B.Z.“ von einem Erlebnis des SPD-Kommunalpolitikers Fayez Gilke: In einem Netto-Supermarkt im Berliner Stadtteil Schöneberg fand er in einem Verkaufsregal eine Image-DVD von Scientology. Der Supermarkt distanzierte sich daraufhin ausdrücklich von diesem Produkt – es werde selbstverständlich nicht im Sortiment geführt, betonte Unternehmenssprecherin Christina Stylianou. Alle anderen Märkte seien informiert worden und hätten ihre Bestände kontrolliert.

„Das ist kein Einzelfall in Berlin“, erklärte Barthel der Zeitung. In einigen Geschäften hätten Unterorganisationen von Scientology inkognito bereits Werbematerial platziert – auch in einer Apotheke. Auf Nachfrage erklärte Barthel DAZ.online, dass der Leitstelle bislang nur ein Foto vorliege, das ein Scientologe von der Aktion selbst im Internet veröffentlichte. Überschrieben ist es mit den Worten: Freiwillige der Scientology-Kirche Berlin verteilen Ausgaben der Broschüre „The Truth About Drugs“ in Geschäften mit krimineller Nachbarschaft. Die Apotheke lasse sich allerdings nicht identifizieren, so Barthel. „Da diesen Materialien auch kein Bezug zu Scientology anzusehen sind, kann man niemandem einen Vorwurf machen.“

Barthel mahnt gleichwohl zur Aufmerksamkeit. In einem Flyer weist die Leitstelle für Sektenfragen darauf hin, dass Scientology insbesondere soziale Notlagen (Drogenkonsum, psychische Belastungen, Unglück, Lernschwäche, Katastrophen) ausnutze. Neben Infoständen, an denen für Bücher, Kurse und den „freien Stresstest“ geworben werde, würden auf öffentlicher Straße auch kleine Heftchen mit „Fakten über Drogen“ verteilt. Der Infoflyer der Leitstelle warnt: „Scientology bezeichnet diese Kampagnen selbst als ‚wichtige Verbreitungs-Werkzeuge‘ – nachhaltige Hilfe bieten sie kaum.“


Juliane Ziegler