foodwatch rügt Lebensmittelindustrie

Unilever & Co. instrumentalisieren Ärzte

Berlin - 15.06.2012, 09:48 Uhr


Lebensmittelkonzerne haben nach Angaben der Verbraucherorganisation foodwatch jahrelang versucht, Ärzte zu eigenen Werbezwecken zu instrumentalisieren. Die Marketingkampagne sollte die Mediziner dazu bewegen, ihren Patienten Produkte wie Becel pro.activ und Activia zu empfehlen.

So veröffentlichte Unilever im letzten April einen Offenen Brief in Ärzte-Fachzeitschriften, um in ganzseitigen Anzeigen für seine mit Pflanzensterinen angereicherte, cholesterinsenkende Margarine Becel pro.activ zu werben. Dort hieß es: „Über 45 Humanstudien wurden durchgeführt, um sowohl die Sicherheit als auch die Wirksamkeit von Pflanzensterinen zu belegen.“ Die wichtigsten europäischen Fachgesellschaften für Kardiologie und Atherosklerose hätten die entsprechenden Lebensmittel in ihre Empfehlungen zur Behandlung erhöhter Cholesterinwerte aufgenommen.

Das Unternehmen unterschlage dabei, dass eben diese Leitlinien den gesundheitlichen Nutzen und die Sicherheit der Produkte anzweifelten, kritisiert foodwatch. Darin heiße es nämlich: „Aktuell gibt es keine Daten, die belegen, dass die Cholesterinsenkung mithilfe von Pflanzensterinen präventiv gegen koronare Herzkrankheiten wirkt.“ Außerdem fehlten entsprechende Langzeitstudien. Auch als Unilever im November 2011 Broschüren und Bestellscheine für kostenlose Beratungsmaterialien an Arztpraxen versandte, habe der Konzern die wissenschaftlichen Zweifel an Lebensmitteln mit Pflanzensterinen verschwiegen.

Foodwatch und Unilever sind schon längere Zeit im Streit darüber, ob die cholesterinsenkende Margarine zu Nebenwirkungen führen kann – seit Januar auch vor Gericht. In jedem Fall müssen Unilever & Co. ihre Werbeslogans ab Mitte Dezember den Vorgaben der neuen Verordnung der Europäischen Kommission zu Health Claims anpassen. Sie regelt, dass EU-weit nur noch bestimmte, nachgewiesene gesundheitsbezogene Angaben für Lebensmittel zulässig sind. Hinsichtlich Phytosterinen bzw. Phytostanolen darf künftig mit der Aussage geworben werden, sie „tragen zur Aufrechterhaltung eines normalen Cholesterin­spiegels im Blut bei“. Damit die Angabe zulässig ist, müssen die Verbraucher darüber informiert werden, dass sich die positive Wirkung ab einer täglichen Auf­nahme von mindestens 0,8 g Phytosterinen/Phytostanolen einstellt.


Juliane Ziegler