Sozialgericht Würzburg

Apotheker und Diabetes-Versand müssen für Blutteststreifen bluten

Berlin - 19.11.2014, 18:22 Uhr


Rund 1,1 Millionen Euro müssen ein Apotheker und ein Händler für Diabetesbedarf aus Bayern an die AOK Hessen zahlen. Das entschied das Sozialgericht Würzburg am Dienstag. Die dieser Rückforderung zugrunde liegenden zwielichtigen Geschäfte liegen schon neun Jahre zurück und waren bereits Gegenstand eines Strafverfahrens. Doch damit war der Streit mit der Krankenkasse noch nicht ausgestanden.

Zwischen März 2005 und Juni 2006 hatten der Apotheker und die Vertriebsfirma für Diabetesbedarf ein findiges Geschäftsmodell etabliert, das ihnen allerdings mächtig auf die Füße fiel. Sie wollten davon profitieren, dass in Hessen weniger für Blutteststreifen gezahlt wurde als in Bayern. Rezepte hessischer AOK-Versicherter gingen an den Diabetes-Versandhändler, der diese auch belieferte, die Verordnungen allerdings an die Apotheke durchreichte, die sie sodann zu bayerischen Preisen bei der hessischen Kasse abrechnete.

Im Strafverfahren, das bereits 2009 abgeschlossen wurde, räumten die beiden Angeklagten ein, dass es dabei um Teststreifen im Wert von rund 1,2 Millionen Euro ging. 88.000 Euro Gewinn machten sie damit. Diesen Betrag haben sie im Rahmen von Bewährungsauflagen bereits zurückbezahlt. Doch die Kasse wollte das gesamte Geld zurück. Da der Apotheker seine Approbation und seine Apotheke verloren hatte, konnte sie nicht mehr aufrechnen – zudem war die Vertriebsgesellschaft mit im Boot. Und so erhob sie vor dem Sozialgericht Klage – vorerst mit Erfolg.

Die Kammer folgte der Auffassung der Krankenkasse, dass sie an den Apotheker bzw. an den Händler – trotz Lieferung der Teststreifen – überhaupt keine Zahlung hätte leisten müssen. Sie müssen nun als Gesamtschuldner für die ausstehenden 1,1 Millionen Euro aufkommen. Dabei hat der privat haftende Apotheker allerdings die schlechteren Karten. Der Versandhändler, eine GmbH, befindet sich bereits in Liquidation.


Kirsten Sucker-Sket


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