Klosterfrau-Vertriebsmodell untersagt

Keine OTC-Dummies in der Freiwahl

Berlin - 11.11.2014, 11:00 Uhr


OTC-Arzneimittel dürfen nicht im Wege der Selbstbedienung erworben werden. So soll eine unkontrollierte Abgabe verhindert und eine fachkundige, pharmazeutische Information und Beratung sichergestellt werden. Die Kaufentscheidung soll erst nach der Beratung fallen. Das geschieht im Fall des von Klosterfrau angebotenen Vertriebsmodells, das auf OTC-Dummies vor dem HV-Tisch setzt, allerdings nicht, entschieden die Richter des Landgerichts Köln – und untersagten das Modell.

Bei dem Vertriebsmodell erhalten teilnehmende Apotheker Sonderkonditionen, wenn sie einen „Indikationstisch“ vor dem HV-Tisch aufstellen, auf dem von Klosterfrau vertriebene OTC-Arzneimittel in Leerpackungen platziert werden. Diese sind mit „Indikationskarten“ verbunden. Die Karten können sich die Kunden selbst aussuchen und am HV-Tisch vorlegen. Dort erhalten sie eine entsprechend gefüllte Packung, die es nun noch zu bezahlen gilt.

Die Wettbewerbszentrale sah in diesem Modell einen Verstoß gegen das Selbstbedienungsverbot und forderte von Klosterfrau eine strafbewehrte Unterlassungserklärung. Weil die Vertriebsgesellschaft diese aber nur in Bezug auf die angekündigten Rabatte an Apotheken abgab – schließlich handle es sich bei dem Indikationstisch lediglich um zulässige „bewegliche Werbung“, und die Beratungspflicht bleibe davon unberührt –, traf man sich vor Gericht wieder. Die Richter des Landgerichts entschieden im Sinne der Wettbewerbszentrale, dass das Vertriebsmodell als verbotene Selbstbedienung zu qualifizieren sei.

Selbstbedienung erschwert die Beratung

Klosterfrau stifte teilnehmende Apotheker mit der Werbebroschüre zu einem Verstoß gegen § 17 Abs. 3 ApBetrO an, heißt es in den Urteilsgründen. Dass der Kunde zwar formal nur eine leere Umverpackung eines apothekenpflichtigen Arzneimittels auswählen könne, ändere hieran nichts. Denn eine solche rein formale Betrachtungsweise widerspreche dem Sinn und Zweck des Selbstbedienungsverbotes. Dass es sich um eine Art der Selbstbedienung handelt, erklären sie vor allem mit der Tatsache, dass mit den Indikationskarten jeweils originalgetreue Umverpackungen der jeweiligen Medikamente verbunden sind. Dem Kunden werde „bewusst suggeriert, er habe sich selbst das Arzneimittel ausgesucht“.

Problematisch ist aus Sicht der Richter, dass der Kunde dadurch animiert wird, seine Kaufentscheidung ohne vorherige Beratung durch den Apotheker allein aufgrund der offensiven Bewerbung auf dem Weg zum HV-Tisch zu treffen. Zudem dürfte ein Kunde, der sich bereits für ein bestimmtes Arzneimittel entschieden habe, weniger empfänglich für eine anschließende Beratung sein. „Es ist damit offensichtlich, dass durch das Vertriebssystem der Beklagten der elementare Zweck des Selbstbedienungsverbotes, nämlich die Verhinderung, dass die Kaufentscheidung der Beratung vorverlagert wird, hier umgangen werden soll.“


Juliane Ziegler


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