Urteil zum Versandhandel

Kein Widerrufsrecht für Fertigarzneimittel

Berlin - 10.10.2013, 15:54 Uhr


Im Online-Versandhandel steht Verbrauchern grundsätzlich ein Widerrufsrecht zu, das nur ausnahmsweise ausgeschlossen werden kann. Versandapotheken können es in ihren AGBs sowohl für Rezeptur-, aber auch für Fertigarzneimittel ausschließen, hat das Landgericht Halle entschieden: Auch letztere seien zur Rücksendung nicht geeignet – und zwar aus Gründen der Arzneimittelsicherheit.

Grundsätzlich haben Verbraucher bei einem Fernabsatzvertrag, zu dem auch online geschlossene Verträge gehören, ein gesetzliches 14-tägiges Widerrufsrecht (§§ 312d Abs. 1, 355 BGB). Ein solches Widerrufsrecht besteht allerdings nicht in Fällen, in denen die zu liefernden Waren nach Kundenspezifikation angefertigt werden, die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind, die auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind, die schnell verderben können oder deren Verfalldatum überschritten wäre (§ 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB).

Individuell hergestellte Rezepturarzneimittel seien unzweifelhaft nach Kundenspezifikationen angefertigt bzw. auf persönliche Bedürfnisse zugeschnitten, entschieden die Richter. Der Widerrufsausschluss der Versandapotheke sei daher in Ordnung. Fertigarzneimittel seien wiederum „aus Gründen der Arzneimittelsicherheit“ zur Rücksendung „nicht geeignet“, heißt es weiter in der Urteilsbegründung. Der in § 312d genannte Ausnahmefall der Ungeeignetheit meine weniger eine technische Unmöglichkeit, sondern vielmehr eine Unzumutbarkeit aus rechtlichen Gründen.

Und Fertigarzneimittel seien nach ihrer Rücksendung aus rechtlichen Gründen nicht mehr veräußerbar. Eine klare gesetzliche Regelung existiere zwar nicht, so die Richter, dafür spreche aber insbesondere § 7b der Betriebsordnung für Arzneimittelhandelsbetriebe. Danach ist der Arzneimittelgroßhandel verpflichtet, zurückgenommene Arzneimittel getrennt zu lagern, als „nicht verkehrsfähig“ zu kennzeichnen, abzusondern und zu vernichten, wenn der Zurückgebende keine Angaben zur Verkehrsfähigkeit macht. Entsprechendes müsse auch für Apotheken gelten, argumentieren die Richter. Schließlich sei die fachgerechte Lagerung bei privaten Endverbrauchern noch weniger gewährleistet als im Großhandelsbereich, und Verbraucher könnten zudem keine verlässlichen Angaben zur Verkehrsfähigkeit der zurückgegebenen Arzneimittel machen.

Mit dieser Entscheidung distanziert sich das Gericht von der Rechtsprechung des Amtsgerichts Köln, das 2008 entschieden hatte, dass ein Medikament keine besondere Beschaffenheit aufweise, die es zur Rücksendung ungeeignet mache. An der Eignung fehle es insbesondere deswegen nicht, weil es vor der Versendung gefahrbringenden Manipulationen ausgesetzt worden sein könnte, so die Amtsrichter seinerzeit. Dass das Arzneimittel möglicherweise nicht mehr in Verkehr gebracht werden darf, schrieben sie zudem allein dem Risikobereich des Unternehmers zu. Das Landgericht Halle lehnte diese Ansicht mit seinem Urteil aber ab und bestätigte den Ausschluss des Widerrufsrechts auch für Fertigarzneimittel.

Landgericht Halle, Urteil vom 8. Januar 2013, Az. 8 O 105/12


Juliane Ziegler


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