Berufsgericht Dresden

1.000 Euro Ordnungsgeld wegen 33 Cent-Talern

Dresden - 07.05.2013, 14:42 Uhr


Abermals hat ein Berufsgericht die Gewährung von Talern im Zusammenhang mit der Einlösung eines Rezepts für berufsrechtswidrig befunden und mit einem Ordnungsgeld belegt. Diesmal war es das am Landgericht Dresden angesiedelte Berufsgericht für die Heilberufe. Es bestätigte gestern einen Rügebescheid der Sächsischen Landesapothekerkammer wegen der Bewerbung und Gewährung von Talern im Wert von 0,33 Euro pro Rezeptposition.

Die berufsgerichtlichen Entscheidungen zur Auslobung und/oder Gewährung von Gutscheinen, Boni oder Talern für die Rezepteinlösung mehren sich – und sie zeigen zunehmend in eine Richtung: Die meisten Berufsgerichte wollen von einer „Spürbarkeitsschwelle“, wie sie der Bundesgerichtshof (BGH) im Wettbewerbsrecht angenommen hat, nichts wissen. Dabei waren es gerade diese Entscheidungen des BGH aus dem September 2010, die viele Apotheker überhaupt erst animierten, solche Boni einzusetzen. Auch im vorliegenden Fall ging es um einen Apotheker, der seine Taler-Aktion im September 2010 startete: mindestens zweimal bewarb er sie in Zeitungsanzeigen für seinen Filialverbund. Auch nach Aufforderung durch die Berufsvertretung habe er dieses Verhalten nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist eingestellt, so die Landesapothekerkammer. Vielmehr seien die Taler noch mindestens bis Mitte November 2010 auf Rezept gewährt worden.

Der Kammervorstand erließ daraufhin einen Rügebescheid und verhängte ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000 Euro. Der Apotheker erhob Einspruch, doch auch der hierauf folgende Bescheid der Kammer fiel nicht anders aus. In diesem Rügeverfahren war die anschließende Klage vor dem Berufsgericht dann bereits die abschließende Instanz – und auch hier blieb der Apotheker erfolglos. Gegen das Urteil des Berufsgerichts steht ihm kein Rechtsmittel mehr zu. Einzig möglich wäre noch eine Verfassungsbeschwerde. Doch mit diesem Schachzug scheiterten bereits die EasyApotheken vor dem Bundesverfassungsgericht.

Wie es seitens der Kammer heißt, ließ das Berufsgericht in der gestrigen mündlichen Verhandlung keinen Zweifel daran, dass von der Berufsvertretung festgestellte Verstöße gegen das Preisrecht auch bei rezeptbezogenen Boni berufsrechtlich zu beanstanden sind – und zwar unabhängig von ihrer Höhe und Wertigkeit. Die Preisbindung sei, so der Vorsitzende Richter, „penibel einzuhalten“. Eine wettbewerbsrechtliche Spürbarkeitsgrenze gebe es im Berufsrecht nicht. Es widerspreche auch dem Wesen eines ordnungsrechtlich begründeten Festpreissystems, bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zudem kaum bestimmbare Grenzen von noch tolerierbaren Verstößen zu definieren. Ohne Einschränkungen für die Einhaltung geltenden Rechts Sorge zu tragen, sei die Aufgabe der Berufsvertretung. Die Bewerbung von in Geld messbaren Vorteilen, hier dem Taler im Gegenwert von 0,33 Euro, habe auch nichts mit der gelegentlichen Abgabe von reinen Sachprämien, etwa einem Päckchen Taschentücher, zu tun.

Die erfolgte Sanktionierung sei auch verhältnismäßig, denn das Ordnungsgeld sei erst verhängt worden, nachdem der Apotheker trotz Aufforderung der Kammer die Aktion noch über die gesetzte Frist weiter betrieben habe. Auch die anwaltliche Beratung schließe die Sanktionierung nicht aus, da sich der Apotheker aktiv über den ihm erteilten Hinweis seiner Berufsvertretung hinweggesetzt habe.

Die Sächsische Landesapothekerkammer begrüßt die Entscheidung. Damit sei für Sachsen – in Übereinstimmung mit der berufsrechtlichen Rechtsprechung aus anderen Kammerbezirken – bestandskräftig geklärt, dass erkennbare Verstöße gegen geltendes Preisrecht „ohne Wenn und Aber berufsrechtlich sanktioniert werden können". Nur so könne die Bedeutung des Festpreissystems für eine flächendeckende Arzneimittelversorgung ausreichend zum Tragen kommen. Eine andere gerichtliche Botschaft wäre zudem für die ganz große Mehrheit der gesetzestreu agierenden Apothekerinnen und Apotheker kaum verständlich gewesen, so die Kammer.

Nun darf man gespannt auf morgen sein: Der BGH wird erneut zwei Fälle zu entscheiden haben, in denen es um Rx-Boni geht. Einmal steht ein 1-Euro-Gutschein zur Disposition, einmal einer im Wert von 1,50 Euro. Es wird sich zeigen, ob er bei seinen bisherigen Ausführungen zur Spürbarkeit bleibt.

Urteil des Berufsgerichts für die Heilberufe am Landgericht Dresden,  Az.: 21 BG-Ap 3/12 – rechtskräftig


Kirsten Sucker-Sket