Nutzenbewertung von Bestands-Arzneimitteln

Novartis kämpft gegen Überprüfung

Berlin - 11.02.2013, 14:00 Uhr


Der Pharmakonzern Novartis wehrt sich derzeit vor Gericht gegen die Kosten-Nutzen-Bewertung von bereits auf dem Markt befindlichen Gliptinen. Das Unternehmen reichte vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Klage ein und strengte ein Eilverfahren an. Eine Entscheidung im Eilverfahren will das Gericht in wenigen Wochen treffen.

Im Juni 2012 hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beschlossen, von der im AMNOG vorgesehenen zweiten Möglichkeit der Nutzenbewertung – für Arzneimittel des Bestandsmarktes – Gebrauch zu machen. Verschiedene Gliptine zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 sollten unter die Lupe genommen werden, darunter auch Vildagliptin und die Kombination Vildagliptin/Metformin, die Novartis in Deutschland unter den Handelsnamen Galvus® und Eucreas® vertreibt. Die betroffenen pharmazeutischen Unternehmen wurden aufgefordert, bis zum 31. Dezember 2012 ihre Dossiers vorzulegen, damit die Nutzenbewertung der Wirkstoffe am 1. Januar 2013 beginnen könne.

Dagegen wehrte sich Novartis: Das Unternehmen reichte beim LSG Klage ein. Um auch die bis Ende des Jahres 2012 gesetzte Frist zur Einreichung des Dossiers zu stoppen, wurde außerdem Eilantrag gestellt. Beide Verfahren laufen derzeit. Eine Entscheidung im Eilverfahren soll es nach Angaben Hutschenreuthers in den kommenden Wochen geben. In jedem Fall werde noch vor dem 31. März entschieden, kündigte er an, denn bis zu diesem Datum verlängerte das Gericht die Frist zur Dossier-Einreichung bereits per Zwischenverfügung (Az. L 7 KA 106/12 KL ER). Der G-BA verlängerte daraufhin die Vorlagefrist auch für die anderen aufgerufenen Gliptine entsprechend.

Laut „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) erklärte der G-BA-Vorsitzende, Josef Hecken, im SGB V sei die Unzulässigkeit einer gesonderten Klage gegen die Nutzenbewertung geregelt. In § 35a Abs. 8 Satz 1 SGB V heißt es auch: „Eine gesonderte Klage gegen die Nutzenbewertung nach Absatz 2, den Beschluss nach Absatz 3 und die Einbeziehung eines Arzneimittels in eine Festbetragsgruppe nach Absatz 4 ist unzulässig.“ Doch weil Absatz 6, der die Nutzenbewertung bereits zugelassener und im Verkehr befindlicher Arzneimittel regelt, sich in dieser Aufzählung nicht findet, setzt Novartis offenbar darauf, dass das Gericht die Einschätzung teilt, dass der Klageweg bei bereits auf dem Markt befindlichen Arzneimitteln sehr wohl offen steht.

Hecken soll im Gesundheitsministerium und bei Fachleuten der Koalition bereits eine Klarstellung des „nebulös“ formulierten Paragrafen gefordert haben. „Wenn der Gesetzgeber hier Rechtswege ausschließen will, dann bedarf das einer klaren und präzisen Formulierung“, sagte er der FAZ. Andernfalls müsse man über die Fortführung des Preismoratoriums und des Zwangsrabattes nachdenken. Diese laufen eigentlich – trotz lauter Proteste der pharmazeutischen Unternehmen – zum Jahresende aus. Erst kürzlich hatte das Bundesgesundheitsministerium ein vorzeitiges Auslaufen der Zwangsmaßnahmen abgelehnt, weil das geplante Einsparvolumen noch nicht erreicht worden sei.


Juliane Ziegler