Sozialgericht Berlin

DAK-Zusatzbeiträge unwirksam

Berlin - 10.08.2011, 15:51 Uhr


Auch die DAK hat ihre Versicherten nicht hinreichend über ihr Sonderkündigungsrecht aufgeklärt, als sie im letzten Jahr begann, einen Zusatzbeitrag zu erheben. Dies entschied heute das Sozialgericht Berlin. Die DAK ist allerdings ganz anderer Meinung.

Erhebt eine Krankenkasse Zusatzbeiträge, so muss sie ausreichend auf das Sonderkündigungsrecht ihrer Mitglieder hinweisen. Bereits im Fall der City BKK (Urteil vom 22. Juni 2011, Az.: S 73 KR 1635) entschied die auch in den DAK-Fällen zuständige Kammer des Sozialgerichts Berlin, dass dieser Hinweispflicht nicht genügt wurde. Ein im Kleingedruckten eines Informationsschreibens unter der Überschrift „Rechtsgrundlagen“ verstecktes Gesetzeszitat reiche als Hinweis auf das Sonderkündigungsrecht nicht aus, so das Gericht. 

Die DAK hatte den beiden in Berlin klagenden Versicherten im Februar 2010 mitgeteilt, dass ab Februar von allen Mitgliedern ein einkommensunabhängiger Zusatzbeitrag von monatlich 8 Euro erhoben werde. Dieses Schreiben endete auf der ersten Seite „Mit freundlichem Gruß“. Ein Sonderkündigungsrecht fand auf dieser Seite keine Erwähnung. Auf der Rückseite befanden sich zwei Textblöcke. Der Erste war überschrieben: „Wir möchten Ihnen die Zahlung des Zusatzbeitrages so einfach und bequem wie möglich machen“, der  zweite – deutlich kleinere: „Weitere allgemeine Hinweise“. In Letzterem fand sich als sechster Unterpunkt unter der Überschrift: „Rechtsgrundlagen (Auszüge)“ das wortwörtliche Zitat von § 175 Abs. 4 Satz 5 SGB V.

Die Kläger legten gegen die Erhebung der Zusatzbeiträge Widersprüche ein, die die Beklagte durch Widerspruchsbescheide als unbegründet zurückwies. Daraufhin erhoben die Kläger im Dezember 2010 bzw. Januar 2011 Klage. Das Sozialgericht gab ihnen nun nach mündlicher Verhandlung teilweise recht. Sie seien zur Zahlung von Zusatzbeiträgen erst ab dem Zeitpunkt verpflichtet, in dem sie deutlich auf ihr Recht zur Kündigung der Versicherungsverträge hingewiesen worden seien. Ein solcher Hinweis sei aber erst in den am 24. November bzw. 13. Dezember 2010 erlassenen Widerspruchsbescheiden enthalten gewesen. Es bestehe für die Kläger daher keine Pflicht zur Zahlung von Zusatzbeiträgen zwischen Februar und November bzw. Dezember 2010.

Die DAK betonte nach der heutigen Verhandlung, dass das Sozialgericht Berlin mit seiner Rechtsauffassung allein dastehe. Die Kasse verwies auf ein anderslautendes Urteil des Sozialgerichts Speyer (Az.: S 11 KR 226/10), das die Verfahrensweise der DAK gebilligt habe. Auch mehrere Landessozialgerichte hätten die Informationspraxis der DAK in Verfahren zur Erlangung einstweiligen Rechtsschutzes für rechtmäßig erachtet – so auch das LSG Berlin-Brandenburg. Die Kasse verwies zudem darauf, dass das Urteil nur „inter partes“ gelte, also allein für die an dem konkreten Verfahren Beteiligten. Eine Übertragung auf andere Mitglieder scheide somit aus.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Auch die schriftlichen Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor. Die DAK kündigte an, nach Prüfung der Gründe über die Einlegung der Berufung beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zu entscheiden.

Sozialgericht Berlin, Urteile vom 10. August 2011, Az.: S 73 KR 2306/10; S 73 KR 15/11


Kirsten Sucker-Sket