Pick-up in der Apotheke

OLG München: Barrabatte unzulässig

Berlin - 17.11.2010, 16:41 Uhr


Das OLG München hat gegen Pick-up-Stellen ausländischer Versandapotheken in einer deutschen Apotheke grundsätzlich keine rechtlichen Einwände. Allerdings hält es das Gericht für wettbewerbsrechtlich unzulässig, wenn diese Arzneimittel zu einem anderen Preis abgeben werden, als es das deutsche Preisrecht vorsieht.

In Bayern hat die Beklagte in ihrer Apotheke ein ähnliches Geschäftsmodell betrieben wie „Vorteil 24“ – die aus dem Bergischen Land gestartete Kooperation mit einer holländischen Versandapotheke. Die Beklagte bot ihren Kunden an, in deren Auftrag Arzneimittel in einer ungarischen Versandapotheke zu bestellen, sie zu überprüfen und dann auszuhändigen – mitsamt Beratung und spürbaren Preisvorteilen, versteht sich. Dabei schaltete die Apotheke ihren eigenen Großhandel ein, der besagte Arzneimittel nach Ungarn lieferte, von wo aus sie wiederum nach Deutschland transportiert wurden. Zwei Kolleginnen aus dem gleichen Ort missfiel dieses Verhalten. Sie erhoben Klage, mit der sie sich nicht nur gegen das Abgehen von der Arzneimittelpreisverordnung rügte, sondern auch das Geschäftsmodell an sich sowie die Werbung hierfür.

Das OLG München gab nicht sämtlichen im Berufungsverfahren geltend gemachten Klageanträgen statt. Es befand jedoch, dass die Beklagte verschreibungspflichtige und preisgebundene Arzneimittel nicht zu anderen Preisen bewerben und anbieten darf als es die Arzneimittelpreisverordnung zulässt. Damit bestehe ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch. Dabei, so das Gericht, sei es gleich, ob es sich um ihre eigene Ware oder um im Auftrag des Kunden aus dem Ausland besorgte und mit der Rechnung einer ausländische Apotheke versehene Ware handele. Das Gericht stellt hier klar, dass nicht der Fall einer ausländischen Versandapotheke vorliege, die direkt an deutsche Kunden liefere – die Frage, ob hier die Arzneimittelpreisverordnung zu beachten ist, liegt derzeit dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe vor. Vorliegend gehe es vielmehr um die Abgabe der Arzneimittel durch die beklagte Apothekerin. Es handele sich um eine Abgabe im Wiederverkauf im Sinne der Arzneimittelpreisverordnung. Denn das Transportunternehmen, an das die Abgabe seitens der ungarischen Apotheke erfolge, sei gerade nicht vom Kunden beauftragt, sondern von der Beklagten.   

Das beanstandete Verhalten sei auch geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen sowie deren Interessen spürbar zu beeinträchtigen. Dabei stellt sich das OLG auf den Standpunkt, dass die jüngste Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu Apothekenboni, wonach eine „Spürbarkeit“ der Beeinträchtigung dieser Interessen jedenfalls nicht bei Zuwendungen in Höhe von einem Euro vorliege, nicht auf direkt gewährte Barrabatte Anwendung zu übertragen ist. Das Gericht verweist auf § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. a Heilmittelwerbegesetz (HWG), demzufolge Geldzuwendungen entgegen der Arzneimittelpreisverordnung ausdrücklich unzulässig sind. Die Entscheidungen des BGH hatten sich nur mit Bonuspunkten befasst und enthielten keine ausdrückliche Aussage zu Barrabatten.

Im Übrigen konnte das Gericht aber keine apotheken(berufs)rechtlichen oder arzneimittelrechtlichen Verstöße feststellen.

Die Revision wurde zugelassen. Denn die Beurteilung der Zulässigkeit der Abgabe von aus dem Ausland importierten preisgebundenen Arzneimitteln unter Einschaltung einer inländischen "Empfangsapotheke" sei von grundsätzlicher Bedeutung.

Urteil des OLG München vom 28. Oktober 2010, Az.: 6 U 2657/09


Kirsten Sucker-Sket