Bundesgerichtshof

Rabatte verstoßen gegen arzneimittelrechtliche Preisbindung

Karlsruhe - 09.09.2010, 10:29 Uhr


Apotheken dürfen Kunden bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln keine Rabatte oder Bonussysteme anbieten oder gewähren. Das hat heute, 9. September 2010, der Bundesgerichtshof in Karlsruhe entschieden. Auch die Frage, ob für ausländische Versandapotheken

Der u. a. für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute in sechs am 15. April 2010 verhandelten Sachen, in denen es jeweils um die Frage der Zulässigkeit von Bonussystemen bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ging, die Entscheidungen verkündet.

Apothekeninhaber gewährten ihren Kunden beim Bezug von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nach unterschiedlichen Systemen Preisnachlässe, die Rückerstattung der Praxisgebühr, Einkaufsgutscheine und/oder Prämien. Nach Ansicht der Kläger - in drei Fällen die Wettbewerbszentrale und in den übrigen Fällen Mitbewerber der Beklagten - sahen darin u. a. Verstöße gegen die im Arzneimittelrecht enthaltenen Preisbindungsvorschriften sowie gegen das im Heilmittelwerberecht geregelte Verbot von Werbegaben. Die Vorinstanzen hatten die gegenüber den Rabatt- und Bonussystemen erhobenen Beanstandungen überwiegend für begründet erachtet und jeweils die Revision zugelassen.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Der BGH hat einen Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung nicht nur dann als gegeben angesehen, wenn der Apotheker ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem nach der Arzneimittelpreisverordnung zu berechnenden Preis abgibt. Er hat einen solchen Verstoß vielmehr auch dann bejaht, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen.

Das beanstandete Verhalten der Apotheker sei aber laut BGH nur dann geeignet, die Interessen von Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern i.S. des § 3 Abs. 1 UWG spürbar zu beeinträchtigen, wenn keine nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG zulässige Werbegabe vorliegt. Der BGH hat eine Werbegabe im Wert von einem Euro noch als zulässig angesehen, bei einer Werbegabe im Wert von 5 € dagegen eine spürbare Beeinträchtigung bejaht.

Es stellte sich außerdem die Frage, ob das deutsche Arzneimittelpreisrecht auch für im Wege des Versandhandels nach Deutschland eingeführte Arzneimittel gilt. In dem zugrunde liegenden Fall hatte eine in den Niederlanden ansässige Apotheke im Wege des Internet-Versandhandels Medikamente für den deutschen Markt angeboten und mit einem Bonussystem geworben, nach dem der Kunde beim Kauf verschreibungspflichtiger Medikamente auf Kassenrezept einen Bonus von 3% des Warenwerts, mindestens aber 2,50 € und höchstens 15 € pro verordneter Packung erhalten sollte. Der Bonus sollte unmittelbar mit dem Rechnungsbetrag oder im Rahmen einer künftigen Bestellung verrechnet werden.

Der Senat möchte die Frage, ob das deutsche Arzneimittelpreisrecht auch für im Wege des Versandhandels nach Deutschland eingeführte Arzneimittel gilt, bejahen, sieht sich hieran aber durch eine Entscheidung des 1. Senats des Bundessozialgerichts gehindert, der in anderem Zusammenhang entschieden hat, dass das deutsche Arzneimittelpreisrecht für solche Arzneimittel nicht gilt. Diese Frage wird deshalb dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes zur Entscheidung vorgelegt.


Peter Ditzel /BGH